Online-Nachricht - Dienstag, 26.04.2011

Einkommensteuer | Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer (FG)

Das FG Niedersachsen hat den Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer einer Richterin am Amtsgericht verneint, gleichzeitig aber die Revision zugelassen, um dem BFH Gelegenheit zu geben, zu klären, ob und ggf. in welchem Umfang die bisherige Rechtsprechung zum "anderen Arbeitsplatz" und zum "Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung" auch auf die Neuregelungen durch das JStG 2010 übertragen werden kann (; Revision ist anhängig).

Sachverhalt: Die Klägerin argumentierte u.a., der Mittelpunkt ihrer beruflichen Betätigung habe sich in ihrem häuslichen Arbeitszimmer befunden. Die Durchführung mündlicher Verhandlungen sei für ihre Tätigkeit als Zivilrichterin am Amtsgericht nicht berufsprägend. Berufsprägend sei vielmehr das Fällen von Entscheidungen. Sämtliche Urteile habe sie im Streitjahr jedoch nicht im Gericht, sondern in ihrem Arbeitszimmer erarbeitet. Darüber hinaus sei aufgrund der Neufassung des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG durch das Steueränderungsgesetz 2007 eine Neuausrichtung der Rechtsprechung zum „Mittelpunktsbegriff“ erforderlich. Hierfür habe sich auch Drenseck ausgesprochen (vgl. Drenseck in Schmidt, EStG, 29. Aufl. 2010, § 19 Rdz. 60, Stichwort "Arbeitszimmer" 5. „Mittelpunktsfälle“ Buchst. c). Nach seiner Ansicht könne die bisherige Rechtsprechung zum Tätigkeitsmittelpunkt auf die ab dem VZ 2007 geltende Vorschrift nicht einfach übertragen werden, weil sie auf der Basis der bisherigen abgestuften Abzugsmöglichkeiten ergangen sei, die es nun jedoch nicht mehr gebe. Der „Mittelpunkt“ der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung müsse sich daher ab dem VZ 2007 an dem Ort befinden, an dem der Steuerpflichtige zeitlich überwiegend tätig sei. Zudem hätten sich in der Fachliteratur auch bereits der Vorsitzende Richter am BFH Kanzler, Datei öffnen sowie der Richter am BFH Geserich, NWB WAAAD-48019 für eine Neuinterpretation des „Mittelpunktsbegriffs“ ausgesprochen.



Hierzu führt das Gericht u.a. aus: Im Streitfall liegt der qualitative Schwerpunkt der beruflichen Betätigung der Klägerin eindeutig nicht in ihrem häuslichen Arbeitszimmer. In ihrem Arbeitszimmer hat sich die Klägerin lediglich auf ihre Sitzungen im Amtsgericht vorbereitet und zudem Urteile und Beschlüsse diktiert. Diese Tätigkeit bildet jedoch nicht den qualitativen Schwerpunkt ihrer richterlichen Tätigkeit. Berufsprägend für die richterliche Tätigkeit ist vielmehr die Erledigung zivilrechtlicher Streitigkeiten, die von den Parteien regelmäßig vor dem erkennenden Gericht mündlich verhandelt werden. Da im Streitfall der qualitative Schwerpunkt der richterlichen Tätigkeit eindeutig im Amtsgericht liegt, kommt dem zeitlichen (quantitativen) Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers nach Auffassung des Gerichts keine entscheidende Bedeutung mehr zu.

Quelle: FG Niedersachen online

Anmerkung: Die Klägerin hat gegen die o.g. Entscheidung Revision beim BFH eingelegt. Diese wird dort unter dem BFH-Az.: VI R 13/11 geführt. 

 

Fundstelle(n):
NWB GAAAF-46138