DBA Österreich | Steuerliche Behandlung von Doppelwohnsitzfällen (OFD)
Die OFD Münster hat zur steuerlichen Behandlung von Doppelwohnsitzfällen mit Ansässigkeit im Ausland Stellung genommen ().
Hintergrund: Ergibt die Prüfung nach Art. 4 OECD-MA, dass eine Ansässigkeit im Ausland vorliegt, sind diese Personen weiterhin in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Abs. 1 S. 1 EStG mit der Folge, dass das Welteinkommensprinzip grundsätzlich greift. Bei Anwendung des jeweiligen DBA ist Deutschland in solchen Fällen allerdings nur als Quellenstaat anzusehen. Dies führt dazu, dass im Rahmen der Veranlagung zur unbeschränkten Steuerpflicht lediglich die Einkünfte erfasst werden, für die Deutschland ein (ggf. begrenztes) Quellensteuerrecht nach dem jeweiligen DBA hat. Folglich sind bei Einkünften aus Dividenden, Zinsen und Lizenzen aus deutschen Quellen trotz unbeschränkter Steuerpflicht die Quellensteuerhöchstsätze zu beachten.
Beispiel: Arbeitnehmer (A) hat an seinem Wohnsitz in Österreich unstreitig den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen. Für seinen deutschen Arbeitgeber ist er ausschließlich in Deutschland tätig. Im Rahmen der doppelten Haushaltsführung hat er ein Apartment in Deutschland gemietet. Neben seinem Arbeitslohn bezieht er Dividenden und Zinsen aus Deutschland.
Lösung: Aufgrund seines (zweiten) Wohnsitzes in Deutschland ist A unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gemäß § 1 Abs. 1 EStG. Da der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in Österreich liegt, gilt A dort als ansässig (Art. 4 Abs. 2 Buchst. a DBA Österreich). Im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht sind daher nur die Einkünfte zu erfassen, für die Deutschland nach den Art. 6 bis 22 DBA Österreich als Quellenstaat ein Besteuerungsrecht behält. Neben dem uneingeschränkten Besteuerungsrecht am Arbeitslohn (Art. 15 Abs. 1 DBA Österreich) hat Deutschland an den Dividenden nur ein auf 15% begrenztes Quellensteuerrecht (Art. 10 Abs. 2 Buchst. b DBA Österreich). Ein zusätzlicher Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer darf auf diesen Einkommensteil nicht erhoben werden, da der Quellensteuersatz von 15% die absolute Obergrenze der Einkommensteuer darstellt. Gemäß Art. 11 Abs. 1 DBA Österreich hat Deutschland als Quellenstaat kein Besteuerungsrecht an den Zinsen (ausschließliches Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates Österreich). Die Zinsen sind lediglich im Rahmen des Progressionsvorbehalts gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG zu berücksichtigen.
In der Praxis muss in diesen Fällen grundsätzlich die Einkommensteuer personell für den unbeschränkt Steuerpflichtigen berechnet werden (Vordruck ESt 2 A, Nr. 724/201). Von einer personellen Veranlagung kann nur abgesehen werden, wenn die Einkünfte aus Kapitalvermögen unter dem Sparer-Pauschbetrag i.S.v. § 20 Abs. 9 EStG liegen.
Die zu veranlagende Steuer kann aus Vereinfachungsgründen wie folgt ermittelt werden:
Maschinelle Berechnung der vorläufigen festzusetzenden Einkommensteuer unter WinGF, wobei die Dividenden und Zinsen zunächst nur als Progressionseinkünfte (Anweisung hilfsweise über Kz. 18.810ff) angewiesen werden.
Ermittlung der begrenzten Einkommensteuer (z.B. Anwendung des Quellensteuerhöchstsatzes von 15% auf die Dividenden)
Erhöhung der maschinell ermittelten Einkommensteuer um die personell ermittelte Einkommensteuer auf die Dividenden. Der maschinell ermittelte Solidaritätszuschlag sowie die Kirchensteuer sind nicht zu erhöhen, da ansonsten der zulässige Steuersatz lt. DBA überschritten wäre!
Die nachgewiesenen Steuerabzugsbeträge (Kapitalertragsteuern/ Zinsabschlagsteuern und Solidaritätszuschlag) können angerechnet werden.
Es muss ein personeller Einkommensteuerbescheid (Vordruck ESt 3 A, Nr. 724/202) erstellt werden. Die Veranlagungsergebnisse sind unter WinGF im Sachbereich 78 zu speichern, die festgesetzte Steuer ist personell zum Soll zu stellen.
Fundstelle(n):
NAAAF-45998