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Online-Nachricht - Mittwoch, 13.03.2013

Erbschaftsteuer | Geltendmachung des Pflichtteils bei "Konfusion" (BFH)

Ist der Pflichtteilsberechtigte der Alleinerbe des Verpflichteten, so bleibt trotz des zivilrechtlichen Erlöschens des Pflichtteilsanspruchs erbschaftsteuerrechtlich sein Recht zur Geltendmachung des Pflichtteils als Folge der Regelung in § 10 Abs. 3 ErbStG bestehen. Macht der Pflichtteilsberechtigte den Anspruch gegenüber dem Finanzamt geltend, ist dies erbschaftsteuerrechtlich unabhängig davon zu berücksichtigen, ob der Verpflichtete damit rechnen musste, den Anspruch zu Lebzeiten erfüllen zu müssen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Pflichtteilsanspruch im Zeitpunkt der Mitteilung an das Finanzamt noch nicht verjährt ist (; veröffentlicht am ).


Hintergrund: Zu den nach § 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten gehören gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG u.a. Verbindlichkeiten aus geltend gemachten Pflichtteilen (§§ 2303 ff. BGB). Damit übereinstimmend gilt ein Pflichtteilsanspruch gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erst dann als Erwerb von Todes wegen, wenn er geltend gemacht wird.
Sachverhalt: Die Eltern der Klägerin (M und V) hatten sich im Rahmen eines sog. Berliner Testaments gegenseitig als Alleinerben eingesetzt. Nach dem Tod des V hatte M keine Erbschaftsteuer zu zahlen, da die ihr zustehenden Freibeträge nach §§ 16 und 17 ErbStG nicht überschritten wurden. Nach dem Tod der M im August 2004 erbte die Klägerin das gesamte Vermögen. Das Finanzamt setzte gegen die Klägerin Erbschaftsteuer fest, ohne den der Klägerin wegen der Enterbung durch V gemäß § 2303 Abs. 1 BGB zustehenden und von ihr geltend gemachten Pflichtteilsanspruch als Nachlassverbindlichkeit abzuziehen. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in zweiter Instanz vor dem BFH Erfolg
Hierzu führten die Richter weiter aus:

  • Ist der Pflichtteilsberechtigte (hier die Klägerin) der Alleinerbe des Verpflichteten (hier M), so erlöschen sowohl der Pflichtteilsanspruch als auch die entsprechende Verbindlichkeit des ursprünglichen Erben durch die Vereinigung von Forderung und Schuld in einer Person ("Konfusion"). Zivilrechtlich kann die Erfüllung des Anspruchs dann im Regelfall nicht mehr verlangt werden.

  • Das Erbschaftsteuerrecht folgt hinsichtlich der Konfusion nicht der zivilrechtlichen Beurteilung. Hier gelten die infolge des Erbanfalls durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit erloschenen Rechtsverhältnisse gemäß § 10 Abs. 3 ErbStG als nicht erloschen. Diese Fiktion umfasst auch das Recht des Pflichtteilsberechtigten, der der Alleinerbe des Pflichtteilsverpflichteten ist, die Geltendmachung des Pflichtteils fiktiv nachzuholen.

  • Gibt der Pflichtteilsberechtigte dem zuständigen Finanzamt gegenüber vor der Verjährung des Pflichtteilsanspruchs eine entsprechende Erklärung ab, hat es diese zu berücksichtigen und sowohl hinsichtlich der Besteuerung des Erwerbs des Pflichtteils gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG als auch hinsichtlich des Abzugs der Pflichtteilsschuld als Nachlassverbindlichkeit die sich hieraus unter Berücksichtigung der jeweils maßgebenden Freibeträge ergebenden steuerrechtlichen Folgerungen zu ziehen.

  • In der Folge ist der der Klägerin wegen der Enterbung durch V zustehende Pflichtteilsanspruch unabhängig davon, ob ihn die Klägerin bereits gegenüber M geltend gemacht hatte und ob M damit rechnen musste, den Anspruch zu Lebzeiten erfüllen zu müssen, als Nachlassverbindlichkeit bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer für den Erwerb der Klägerin als Erbin der M abzuziehen.

Quelle: NWB Datenbank
 

Fundstelle(n):
ZAAAF-45579