Online-Nachricht - Freitag, 08.03.2013

Einkommensteuer | Zum Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit im Arbeitszimmer (FG)

Die Ausnahmeregelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3, 2. Halbsatz EStG (Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung) greift bei einem Steuerpflichtigen, der mehrere Tätigkeiten ausübt, nur ein, wenn der inhaltliche/qualitative Schwerpunkt der Tätigkeiten in ihrer Gesamtheit, nicht nur lediglich einer der Tätigkeiten, in dem häuslichen Arbeitszimmer liegt ().

Hintergrund: Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie Kosten der Ausstattung sind grds. nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG). Dies gilt nur für den Fall nicht, dass für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt jedoch nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3, 2. Halbsatz EStG).
Sachverhalt: Streitig war, ob Aufwendungen für einen im selbstgenutzten Einfamilienhaus gelegenen Raum unbegrenzt oder nach den Regelungen für die Abzugsfähigkeit von Arbeitszimmerkosten und in diesem Rahmen nur begrenzt als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. Die Klägerin war im Streitjahr als Musikpädagogin und Konzertpianistin freiberuflich tätig. Als Betriebsausgaben machte sie u.a. Raumkosten für ein Arbeitszimmer geltend.
Hierzu führte das Finanzgericht u.a. aus: Geht der Steuerpflichtige – wie hier – mehreren Tätigkeiten nach, ist der Mittelpunkt anhand einer Gesamtbetrachtung aller von ihm ausgeübten Tätigkeiten zu bestimmen. Dabei ist wie folgt zu unterscheiden:

  • Bilden bei allen Erwerbstätigkeiten die im häuslichen Arbeitszimmer verrichteten Arbeiten den qualitativen Schwerpunkt, so liegt dort auch der Gesamtmittelpunkt.

  • Bilden dagegen die außerhäuslichen Tätigkeiten den qualitativen Schwerpunkt der Einzeltätigkeiten oder lassen sich die Einzeltätigkeiten keinem Schwerpunkt zuordnen, so kann das häusliche Arbeitszimmer auch nicht durch die Summe der darin verrichteten Arbeiten zum Mittelpunkt der Gesamttätigkeit werden.

  • Stellt das häusliche Arbeitszimmer den qualitativen Mittelpunkt einer oder mehrerer der Einzeltätigkeiten, nicht jedoch aller Einzeltätigkeiten dar, so ist anhand einer Gesamtschau der Einzelfallumstände wertend zu entscheiden, ob dennoch von einem einzelnen qualitativen Schwerpunkt auszugehen ist und ob dieser im häuslichen Arbeitszimmer liegt. Dabei ist auf die Verkehrsanschauung und nicht auf die Vorstellung des betroffenen Steuerpflichtigen abzustellen.

  • Lässt sich bei mehreren Einzeltätigkeiten eine Haupttätigkeit feststellen, so initiiert deren Mittelpunkt den Schwerpunkt der Gesamttätigkeit.

  • Ist der Steuerpflichtige – wie hier – nicht in Vollzeit nichtselbständig beschäftigt, so müssen zur Bestimmung der Haupttätigkeit die jeweils erzielten Einnahmen, der auf die jeweilige Tätigkeit insgesamt entfallende Zeitaufwand und das den einzelnen Tätigkeiten nach der Verkehrsauffassung zukommende Gewicht in Betracht gezogen werden.

Anmerkung: Im Streitfall vermochte das Gericht keinen Tätigkeitsmittelpunkt, auch nicht anhand des Mittelpunktes einer Haupttätigkeit, festzustellen. Ein unbeschränkter Abzug der Kosten schied nach Ansicht des Finanzgerichts im Streitfall aus.
Quelle: NWB Datenbank
 


 

Fundstelle(n):
NWB GAAAF-45568