Online-Nachricht - Mittwoch, 06.03.2013

Verfahrensrecht | Sachverhaltsaufklärung bei offenbarer Unrichtigkeit (BFH)

Weist der dem Steuerpflichtigen bekanntgegebene Steuerbescheid einen Vorbehalt der Nachprüfung versehentlich nicht aus, kann der Bescheid in diesem Punkt wegen einer offenbaren Unrichtigkeit korrigiert werden, sofern die unterbliebene Aufnahme des Vorbehalts auf einem mechanischen Fehler - ähnlich den im Gesetz ausdrücklich aufgeführten Schreib- und Rechenfehlern - beruht (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Die Finanzbehörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen  (§ 129 AO).
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten um die verfahrensrechtliche Frage, ob das Finanzamt befugt war, einen Feststellungsbescheid nach § 164 Abs. 2 AO i.V. mit § 129 AO zu ändern, obwohl der zugrundeliegende bekanntgegebene Bescheid keinen Nachprüfungsvorbehalt enthielt. Die betroffene Zahnarzt-GbR erhielt einen Gewinnfeststellungsbescheid ohne diesen Vorbehalt. Auch das Aktenexemplar „auf Papier“ beim Finanzamt wies den Vorbehalt nicht aus. Die zuständige Sachbearbeiterin wollte offenbar den Feststellungsbescheid unter Vorbehalt der Nachprüfung erlassen, was sich aus einer Aktennotiz und der elektronischen Speicherung im „Veranlagungsspiegel“ ergab.
Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • Ein Steuerbescheid, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist (§ 164 Abs. 1 AO), kann aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen jederzeit geändert werden, solange der Vorbehalt wirksam ist (§ 164 Abs. 2 Satz 1 AO). Der Vorbehalt ist eine Nebenbestimmung i.S. von § 120 AO, die mit dem Bescheid ergeht, mithin Teil des Bescheids wird. Entscheidend ist der bekanntgegebene Inhalt des Bescheids.

  • Ob ein mechanisches Versehen die Ursache für einen unterbliebenen Nachprüfungsvorbehalt war und dieser ggf. wegen offenbarer Unrichtigkeit nachgeholt werden kann, ist anhand der objektiven Umstände beim Erlass des betroffenen Steuerbescheids zu beurteilen.  

  • Indizieren die bekannten objektiven Umstände ein mechanisches Versehen und ist ein Fehler bei der Rechtsanwendung oder der Sachverhaltsermittlung oder -würdigung ausgeschlossen, kann eine offenbare Unrichtigkeit ohne weitere diesbezügliche Sachaufklärung nicht allein deshalb verneint werden, weil die abstrakte Möglichkeit besteht, dass die Indizien erst nach Erlass des Bescheids geschaffen wurden.

Quelle: NWB Datenbank
Anmerkung: Der BFH hielt es im Streitfall für denkbar, dass der im Bescheid fehlende Vorbehaltsvermerk zu dessen offenbarer Unrichtigkeit geführt hat, so dass er durch Änderung des bestandskräftigen Bescheids noch wirksam angebracht werden konnte. Die Sache wurde allerdings zurückverwiesen, weil das Finanzgericht feststellen muss, ob der Sachbearbeiterin den Nachprüfungsvorbehalt in der elektronischen Fassung des Bescheids veranlasst hat und ob dies und die Erstellung eines Aktenvermerks – was die Annahme einer offenbaren Unrichtigkeit ausschließen könnte – erst nachträglich erfolgte.

 

Fundstelle(n):
NWB ZAAAF-45553