Online-Nachricht - Mittwoch, 27.02.2013

Bilanzierung | Rückstellung für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen (BFH)

Der BFH hat zur Bildung einer Rückstellung für die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen Stellung genommen. Streitig war die Berücksichtigung von Finanzierungskosten für die zur Aufbewahrung genutzten Räume bei einer sog. Poolfinanzierung (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Die Verpflichtung, Geschäftsunterlagen sechs bzw. zehn Jahre lang aufzubewahren, ist eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung, die dem Grunde nach die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten verlangt ( NWB EAAAA-89429). Zu der zwischen den Beteiligten allein umstrittenen Höhe der Rückstellung ordnete § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB in der im Streitjahr (2005) geltenden Fassung den Ansatz des Betrags an, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist. Für Zwecke des steuerbilanziellen Ausweises ist in § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG geregelt, dass  Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen mit den Einzelkosten und den angemessenen Teilen der notwendigen Gemeinkosten zu bewerten sind.
Sachverhalt: Die Klägerin, eine Sparkasse, hatte ihre gesamten verfügbaren liquiden Mittel in Form der Eigen- wie auch der aufgenommenen Fremdmittel zum Zweck der Liquiditätssteuerung in einen "Pool" gegeben und hieraus sämtliche Aufwendungen ihres Geschäftsbetriebs finanziert (sog. Poolfinanzierung). Im Streitjahr 2005 hatte sie in ihrem Jahresabschluss eine Rückstellung für die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen gebildet und hierbei auch Finanzierungskosten für die eigenen Archivräume einbezogen. Hinsichtlich dieser Finanzierungskosten vertraten Finanzamt und Finanzgericht die Auffassung, dass die Finanzierungsaufwendungen nicht passiviert werden könnten. Mangels einer nachvollziehbaren tatsächlichen Verwendung der Darlehensmittel für die Finanzierung der Archivräume könnten diese der Aufbewahrungsverpflichtung nicht zugeordnet und somit bei der Bewertung der Rückstellung auch nicht berücksichtigt werden.
Hierzu führte der BFH u.a. aus:  

  • Eine Rückstellung für die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen kann Finanzierungskosten (Zinsen) für die zur Aufbewahrung genutzten Räume auch dann enthalten, wenn die Anschaffung/Herstellung der Räume nicht unmittelbar (einzel-)finanziert worden ist, sondern der Aufbewahrungspflichtige seine gesamten liquiden Eigen- und Fremdmittel in einen "Pool" gegeben und hieraus sämtliche Aufwendungen seines Geschäftsbetriebs finanziert hat (sog. Poolfinanzierung).

  • Voraussetzung für die Berücksichtigung der Zinsen (als Teil der notwendigen Gemeinkosten) ist in diesem Fall, dass sie sich durch Kostenschlüsselung verursachungsgerecht der Herstellung/Anschaffung der Räume zuordnen lassen und dass sie nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG angemessen sind. 

Quelle: NWB Datenbank
Anmerkung: Die Aufbewahrungspflicht als Sachleistungsverpflichtung ist nach dieser Grundsatzentscheidung mit den Vollkosten zu bewerten, die – anders als die Herstellungskosten – sämtliche Gemeinkosten einschließlich der Finanzierungskosten uneingeschränkt umfassen. Ein konkreter wirtschaftlicher Zusammenhang ist nicht erforderlich, so dass nicht nur die variablen Gemeinkosten einzubeziehen sind. Im Streitfall führt dies wegen der von der betroffenen Sparkasse praktizierten Poolfinanzierung zur Einbeziehung von Finanzierungskosten in die Aufwendungen für die Herstellung und das Vorhalten von Archivräumen, obwohl die Finanzierungskosten nur rechnerisch auf diese entfallen, indem die Fremdkapitalquote auf die Aktiva projiziert wird. Ist die Herstellung von Archivräumen konkret durch Kreditaufnahmen finanziert worden, gehören vorrangig die dafür entstandenen Zinsen zu den rückstellungspflichtigen Aufbewahrungskosten. Dementsprechend können auch die Zinsen für anderweitige konkrete Fremdfinanzierungen nicht über einen Gemeinkostenschlüssel einbezogen werden.
 

 

Fundstelle(n):
NWB KAAAF-45506