Online-Nachricht - Montag, 22.10.2012

Verfahrensrecht | Vorabanforderung von Steuererklärungen (FG)

Die automatisierte Vorabanforderung von Steuererklärungen muss - zumindest hinsichtlich des Auswahlermessens - gegenüber dem Steuerpflichtigen nachvollziehbar begründet werden (; rkr.).

Die automatisierte Vorabanforderung von Steuererklärungen muss  - zumindest hinsichtlich des Auswahlermessens - gegenüber dem Steuerpflichtigen nachvollziehbar begründet werden (NWB OAAAE-19725; rkr.).

Hintergrund: Gemäß § 109 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 AO können Fristen zur Einreichung von Steuererklärungen verlängert werden. Die Verlängerung der Frist liegt im Ermessen der Finanzbehörde. Die obersten Finanzbehörden der Länder haben im Streitfall mit dem gleichlautenden Fristenerlass für die Steuererklärungen für das Kalenderjahr 2010 (NWB DAAAD-94869) Verwaltungsvorschriften über die Verlängerung der Abgabefristen erlassen. Danach wird die Frist, sofern die Steuererklärungen - wie im Streitfall - durch einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe angefertigt werden, grundsätzlich nach § 109 AO allgemein bis zum verlängert (vgl. dort Abschnitt II). Dem Erlass zufolge bleibt es allerdings ausdrücklich den Finanzämtern vorbehalten, unter bestimmten Voraussetzungen, die in dem Erlass genannt sind, Steuererklärungen mit angemessener Frist für einen Zeitpunkt vor Ablauf der allgemein verlängerten Frist anzufordern.

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Aufforderung zur Abgabe von Steuererklärungen.



Hierzu führt das FG Hamburg weiter aus: Die Fristenerlasse bezwecken einen sachgerechten Interessenausgleich zwischen Steuerpflichtigen, steuerberatenden Berufen und Finanzbehörden. Vorliegend ist die Vorab-Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärungen 2010 vom bereits aus formellen Gründen rechtswidrig, da sie nicht ausreichend  - wie in § 121 Abs. 1 AO gefordert - begründet worden ist. In dem Schreiben werden lediglich drei der in dem Fristenerlass aufgezählten Gründe für die Vorabanforderung von Steuererklärungen aufgeführt. Es ist nicht erkennbar, welcher dieser Gründe für die Klägerin gelten soll. Der generelle Verweis darauf, dass der rechtzeitige Abschluss des jährlichen Steuerfestsetzungsverfahrens es erforderlich macht, einen Teil der jährlichen Steuererklärungen vor Ablauf der allgemein verlängerten Frist anzufordern, reicht nicht. Hieraus geht nicht hervor, ob sich dies allgemein auf die Arbeitslage der Finanzämter bezieht oder konkret auf die Arbeitslage der Beklagten. Auch wird nicht näher darauf eingegangen, wie die konkrete Arbeitslage des Beklagten aussah.

Anmerkung: Im Streitfall enthielten weder das Anforderungsschreiben noch die Einspruchsentscheidung Informationen dazu, warum gerade die Klägerin aufgefordert worden war, ihre Steuererklärungen vor Ablauf der im Fristenerlass genannten Frist vorzulegen. Konkrete und durch das Gericht nachprüfbare Ermessenserwägungen fehlen gänzlich. Insofern kam vorliegend eine Anwendung von § 102 Satz 2 FGO (Ergänzung der Ermessenserwägungen der Finanzbehörde bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz des finanzgerichtlichen Verfahrens) nicht in Betracht.

Quelle: NWB Datenbank


 

Fundstelle(n):
NWB VAAAF-44847