Online-Nachricht - Donnerstag, 18.10.2012

Einkommensteuer | Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit eines Steuerberaters (FG)

Der qualitative Schwerpunkt der Betätigung eines Steuerberaters und Wirtschaftsprüfers liegt in den Praxisräumen der Gesellschaft. Die für den Beruf des Steuerberaters und Wirtschaftsprüfers wesentlichen und prägenden Arbeiten - wie die Organisation der gesamten Tätigkeit, die Auftragsannahme, die Zusammenstellung von Gutachten und Berichten, die Beratung der Mandanten und die Präsentation der Arbeitsergebnisse, die Zusammenarbeit mit dem Partner und den Mitarbeitern, die Sichtung der täglichen Post und die Überwachung des Fristenkontrollbuchs - werden in den Praxisräumen erledigt ().


Hintergrund: Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie Kosten der Ausstattung sind grundsätzlich nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG). Dies gilt nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Sätze 2 und 3 EStG i. d. F. des JStG 2010 nur für den Fall nicht, dass für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet. Die gesetzliche Neuregelung gilt gem. § 52 Abs. 12 Satz 9 EStG (i. d. F. des JStG 2010) rückwirkend für alle offenen Fälle ab dem Veranlagungszeitraum 2007.

Sachverhalt: Der Kläger und Herr "Q" - beide Wirtschaftsprüfer und Steuerberater - sind an einer Partnerschaftsgesellschaft jeweils hälftig beteiligt. Die Gesellschaft, die mehrere Mitarbeiter beschäftigt, übt ihre Tätigkeit in zwei als Praxisräume gestalteten Eigentumswohnungen aus. Dort befinden sich die Arbeitsplätze der Mitarbeiter und Büroräume der Partner. Daneben nutzt der Kläger einen Raum in der eigenen Wohnung für seine berufliche Betätigung. Der Raum ist als Büro eingerichtet und verfügt über umfangreiche Fachliteratur sowie eine technische Ausstattung, die dem Kläger den Zugriff auf das EDV-System der Praxis ermöglicht. Während der Kläger die Auffassung vertrat, der Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung befinde sich - in qualitativer Hinsicht - im häuslichen Büro, da er dort primär die Prüfungen durchführe und die steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Beratungen vorbereite, bildete nach Ansicht des Finanzamts der häusliche Raum nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, da ihm in den Praxisräumen der Gesellschaft ein weiterer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe, an dem er seine freiberufliche Tätigkeit vollumfänglich ausüben könne. Dort würden Arbeiten von nicht unerheblichem Gewicht, wie Besprechungen mit Mitarbeitern und die Beratung der Mandanten, erledigt. Das Finanzgericht stimmte der Auffassung der Finanzamts zu.

Dazu führte das Gericht weiter aus: Der Anwendungsbereich der Abzugsbeschränkung sei eröffnet, weil das häusliche Büro des Klägers den Begriff des häuslichen Arbeitszimmers i. S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG erfülle; es liege weder eine Betriebsstätte noch ein betriebsstättenähnlicher Raum im Wohnbereich vor. Für das Streitjahr 2009 sei in verfassungskonformer Interpretation der Vorschriften (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b und § 52 Abs. 12 Satz 9 EStG) davon auszugehen, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer auch abzugsfähig sind, wenn dieses den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildete. Es könne jedoch nicht festgestellt werden, dass sich der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Betätigung des Klägers in seinem häuslichen Arbeitszimmer befand. Der Mittelpunktsbegriff ist gesetzlich nicht näher definiert. Auch die Gesetzesmaterialien geben keinen Aufschluss über die Bedeutung dieses Merkmals. Nach der zu § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG i. d. F. des JStG 1996 ergangenen Rechtsprechung des BFH bestimme sich bei einem Steuerpflichtigen, der lediglich eine einzige berufliche Tätigkeit - teilweise zu Hause und teilweise auswärts - ausübt, der Mittelpunkt danach, ob er im Arbeitszimmer diejenigen Handlungen vornimmt und Leistungen erbringt, die für den ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind. Die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater werde wesentlich durch die mündliche Kommunikation - vor allem - mit den Mandanten, aber auch mit Mitarbeitern und Dritten, wie Vertretern der Finanzbehörden, geprägt. Diese prägende Tätigkeit finde zwar auch in den Räumen der einzelnen Mandanten und von Dritten, schwerpunktmäßig aber in der Praxis der Partnerschaft statt; hier und nicht im häuslichen Arbeitszimmer liege der Kern der Tätigkeit des Klägers.

Anmerkung: Die Revision wurde nicht zugelassen. Der Volltext der Entscheidung finden Sie demnächst in der Rechtsprechungsdatenbank NRWE unter Eingabe des Aktenzeichens. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze. .

Quelle: FG Düsseldorf online


 

Fundstelle(n):
NWB OAAAF-44832