Online-Nachricht - Mittwoch, 10.10.2012

Bilanzierung | Bildung einer Rückstellung für hinterzogene Mehrsteuern (BFH)

Eine Rückstellung für hinterzogene Mehrsteuern kann erst zu dem Bilanzstichtag gebildet werden, zu dem der Steuerpflichtige mit der Aufdeckung der Steuerhinterziehung rechnen musste (; veröffentlicht am ).


Hintergrund: Die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten setzt eine betrieblich veranlasste, aber ungewisse Verpflichtung gegenüber einem Dritten voraus, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit entstehen und zu einer Inanspruchnahme des Steuerpflichtigen führen wird. Ihre wirtschaftliche Verursachung muss im Zeitraum vor dem Bilanzstichtag stattgefunden haben.

Sachverhalt: Der Kläger betreibt eine Pizzeria. Seinen Gewinn ermittelt durch Betriebsvermögensvergleich. Nach einer Außenprüfung wurde gegen ihn ein Steuerstrafverfahren eingeleitet. Die Fahndungsprüfung wurde Ende 2007 durch eine tatsächliche Verständigung abgeschlossen. Gegenstand der Verständigung war die Hinzuschätzung bestimmter Betriebseinnahmen sowie umsatzsteuerlicher Entgelte für die Jahre 2001 bis 2005. Die Prüferin bildete im Fahndungsprüfungsbericht für die zusätzlich anfallenden Umsatz- und Gewerbesteuern eine Rückstellung zu Lasten des Gewinns des Jahres 2005. Im strafrechtlichen Ermittlungsbericht wurden die Steuerrückstellungen dagegen zu Lasten des Gewinns derjenigen Jahre gebildet, in denen die Mehrsteuern entstanden waren In den angefochtenen Änderungsbescheiden über Einkommensteuer und Gewerbesteuermessbetrag für die Streitjahre 2001 und 2003 setzte das Finanzamt das Ergebnis der tatsächlichen Verständigung um. Zusätzliche Steuerrückstellungen - wie vom Kläger begehrt - wurden nicht berücksichtigt. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz Erfolg, der BFH dagegen hob das Urteil auf und wies die Klage ab.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus: Die Entscheidung des FG, bereits in den Streitjahren eine Rückstellung für die hinterzogenen Steuern zuzulassen, verletzt Bundesrecht. Im Streitfall konnte der Kläger zu den streitgegenständlichen Bilanzstichtagen ( und 2003) noch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von seiner Inanspruchnahme hinsichtlich der erst im Jahr 2008 festgesetzten Mehrsteuern ausgehen. Die für die Bildung von Rückstellungen geltenden Grundsätze des Handels- und Steuerbilanzrechts werden von der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch auf Rückstellungen für die drohende Inanspruchnahme aus hinterzogenen Steuern angewendet. Folglich darf für Bilanzstichtage, die vor dem Zeitpunkt liegen, zu dem die Aufdeckung der Tat unmittelbar bevorsteht, keine Rückstellung gebildet werden.

Für die Rückstellungsbildung reicht es weder aus, dass der Steuerpflichtige selbst von der Steuerhinterziehung Kenntnis hat, noch dass nach allgemeiner Erfahrung im Anschluss an Außen- und Fahndungsprüfungen häufig mit der Festsetzung von Mehrsteuern zu rechnen ist. Eine Rückstellung ist erst zu dem Bilanzstichtag zu bilden, zu dem der Steuerpflichtige aufgrund eines hinreichend konkreten Sachverhalts ernsthaft mit einer quantifizierbaren Steuernachforderung rechnen muss, also frühestens dann, wenn der Prüfer eine bestimmte Sachbehandlung beanstandet hat, was in der Rechtsprechung mit dem Begriff der "aufdeckungsorientierten Maßnahme" bezeichnet wird. Im Streitfall gaben die vom Finanzgericht angestellten Erwägungen keinen Anlass, von der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Bildung von Rückstellungen für hinterzogene Steuern abzuweichen.

Quelle: NWB Datenbank

 

Fundstelle(n):
NWB OAAAF-44777