Online-Nachricht - Freitag, 21.09.2012

Einkommensteuer | Raumkosten für einen "Kreativraum" als Betriebsausgaben (FG)

Ist ein Kreativraum eines Künstlers für ein Arbeitszimmer atypisch eingerichtet und genutzt, können die Kosten hierfür in voller Höhe abgezogen werden (; rechtskräftig).

Hintergrund: Streitig war, ob Aufwendungen für einen Kreativraum als Betriebsausgaben anzuerkennen sind. Für Aufwendungen für ein „häusliches“ Arbeitszimmer gilt grds. eine Abzugseinschränkung (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG). Die Aufwendungen für ein „außerhäusliches“ Büro bleiben dagegen voll abziehbar. Der Begriff des „häuslichen“ Arbeitszimmers ist im Gesetz nicht näher definiert. Nach der Rechtsprechung ist ein häusliches Arbeitszimmer ein Raum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist, vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder -organisatorischer Arbeiten dient und ausschließlich oder nahezu ausschließlich zu betrieblichen und/oder beruflichen Zwecken genutzt wird (vgl. hierzu NWB FAAAD-62528, Rn. 3).
Sachverhalt: Der Kläger ist als selbstständiger Musiker, Arrangeur und Produzent tätig. Zum Zwecke der Berufsausübung unterhält er in seinem ansonsten privat genutzten Einfamilienhaus ein volleingerichtetes Tonstudio, einen Büro- und einen Archivraum. Daneben hat er seinem Betriebsvermögen einen Kreativraum in einem ebenfalls ansonsten privat genutzten Gebäude zugeordnet. Im Rahmen einer Außenprüfung erläuterte der Kläger, diesen für zahlreiche Projekte zu benötigen, da die  Voraussetzungen für Ideen und Kreativität in seinem Tonstudio nicht gegeben seien. Die auf diesen Raum entfallenen Kosten wurden in der Gewinnermittlung als Betriebsausgaben geltend gemacht. Das FA erkannte diese Aufwendungen nicht an und erhöhte entsprechend den Gewinn.
Hierzu führte das Gericht aus: Ob ein beruflich genutzter Raum als häusliches Arbeitszimmer anzusehen ist, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Dabei sind die Grenzen fließend. Beruflich genutzte Räume, die in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden sind, können ein betriebsstättenähnliches Gepräge erlangen durch ihre - für eine büromäßige Nutzung untypische - Ausstattung und eine damit zusammenhängende Funktionszuweisung. So können zum Beispiel technische Anlagen und Schallschutzmaßnahmen dem betreffenden Raum das Gepräge eines häuslichen Tonstudios geben. Auch eine als Behandlungsraum ausgestattete und über einen separaten Eingang für Patienten leicht zugängliche Notfallpraxis im selbstgenutzten Einfamilienhaus ist kein häusliches Arbeitszimmer, ebenso wenig ein dem Einlagern und Aufbewahren betrieblicher Bedarfsgegenstände gewidmetes und entsprechend eingerichtetes Warenlager. Die Einbindung eines Büros in die häusliche Sphäre kann zudem aufgehoben bzw. überlagert werden, wenn die Büroeinheit auch von Dritten, nicht familienangehörigen oder haushaltszugehörigen Personen genutzt wird.
Anmerkung: Nach Auffassung des Finanzgerichts war der Kreativraum im Streitfall nicht als häusliches Arbeitszimmer sondern als betriebsstättenähnlichen Raum im Wohnungsbereich zu beurteilen. Der Kreativraum sei insbesondere nicht darauf ausgerichtet gewesen, eine vorwiegende Arbeitsnutzung durch den Kläger selbst zu ermöglichen. Die Einrichtung mit vielen Sitzmöglichkeiten, die in verschiedene Sitzecken angeordnet sind und die überdimensionale Größe des Raums würden vielmehr belegen, dass dieser Raum für eine Nutzung durch mehrere Personen ausgelegt sei. Nachweislich habe der Kläger nicht nur gelegentlich mit anderen Personen in dem Raum zusammen gearbeitet. Anhaltspunkte für eine private Nutzung, welche einen Ausschluss des Betriebsausgabenabzugs mit sich bringen könnten, lägen im Streitfall nicht vor. Den Text der mittlerweile rechtskräftigen Entscheidung des FG Niedersachsen finden Sie auf dessen Internetseiten. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.
Quelle: FG Niedersachsen online
Hinweis: Vor dem BFH ist in einer anderen Angelegenheit ein Revisionsverfahren zu der Frag anhängig, ob das häusliche „Übezimmer” einer selbständig tätigen Berufsmusikerin, das zum Einüben und Einstudieren von Musikstücken, der Erstellung und Präparierung der Mundstücke des gespielten Instruments, der gedanklichen Beschäftigung mit dem Musikstück als solchem, seinem Komponisten, seiner musikwissenschaftlichen und historischen Einordnung genutzt wird und nicht mit einem Schreibtisch ausgestattet ist, ein der Abzugsbeschränkung unterliegendes häusliches Arbeitszimmer i.S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG darstellt (BFH-Az. NWB GAAAD-60092).

 


 

Fundstelle(n):
NWB HAAAF-44668