Online-Nachricht - Mittwoch, 20.05.2009

Häusliches Arbeitszimmer | Abgrenzung zu anderweitig beruflich genutzten Räumen (BFH)

Nutzt ein Arbeitnehmer Räume zu beruflichen Zwecken, die nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers zugeordnet werden können, sind die durch die berufliche Nutzung veranlassten Aufwendungen grundsätzlich uneingeschränkt als Werbungskosten abziehbar (; veröffentlicht am ).


Nach § 9 Abs. 5 i.V. mit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG kann ein Arbeitnehmer Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich nicht als Werbungskosten abziehen. Ein uneingeschränkter Abzug ist nach Satz 3 der Vorschrift in der bis 2006 geltenden Fassung nur zulässig, wenn das Arbeitszimmer der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Häusliches Arbeitszimmer ist das häusliche Büro, d.h. ein Arbeitsraum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre eingebunden und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher und verwaltungstechnischer Arbeiten dient. Sachverhalt: Im Streitfall gab der Kläger an, die im Erdgeschoss seines Zweifamilienhauses gelegene 70 qm große Wohnung ausschließlich für berufliche Zwecke zu nutzen. Das Finanzgericht (FG) kam zu dem Ergebnis, dass nur zwei Räume ihrer Ausstattung und Funktion nach einem Büro (d.h. einem Arbeitszimmer) entsprächen. Das FG berücksichtigte daher nur die auf diese Räume entfallenden Aufwendungen als Werbungskosten. Die übrigen Räume seien nicht büromäßig ausgestattet, mit der Folge, dass allein deshalb ein Werbungskostenabzug ausscheide. Der BFH folgte dieser Auffassung nicht und hob die Vorentscheidung auf.
Hierzu führte der BFH weiter aus: Begehrt der Arbeitnehmer den Werbungskostenabzug für mehrere in seine häusliche Sphäre eingebundene Räume, ist die Qualifizierung als häusliches Arbeitszimmer für jeden Raum gesondert vorzunehmen, es sei denn, die Räume bilden eine funktionale Einheit. Räumlichkeiten, die ihrer Ausstattung und Funktion nach nicht einem Büro entsprechen, sind auch dann nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers zuzuordnen, wenn sie ihrer Lage nach mit dem Wohnraum des Steuerpflichtigen verbunden und so in dessen häusliche Sphäre eingebunden sind. Ist eine Zuordnung zum Typus des häuslichen Arbeitszimmers nicht möglich, sind die durch die berufliche Nutzung veranlassten Aufwendungen grundsätzlich unbeschränkt als Werbungskosten abziehbar.
Quelle: BFH online
Anmerkung der NWB Redaktion: Erst unter der neuen, durch das StÄndG 2007 geänderten Rechtslage dürfte das Urteil seine eigentliche Bedeutung entfalten. Dann nämlich, wenn das häusliche Arbeitszimmer nicht der Mittelpunkt der gesamten Erwerbstätigkeit ist und das Abzugsverbot daher greift, sind die Aufwendungen für Räumlichkeiten, die nicht der Typologie des Arbeitszimmers als Büroraum entsprechen, unbegrenzt abziehbar. Im Streitfall ist das FG sogar vom Tätigkeitsmittelpunkt ausgegangen, so dass es im 2. Rechtsgang nur noch um die berufliche Veranlassung einer Nutzung der nicht-arbeitszimmer-typischen Räumlichkeiten geht.
Vor dem BVerfG (Vorlagebeschluss FG Münster v. 8.5.2009) und dem BFH (NWB CAAAD-15727) sind derzeit Verfahren anhängig, die die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Abzugsverbots in Nicht-Mittelpunkts-Fällen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG in der Fassung des StÄndG 2007) zum Gegenstand haben.
 

 

Fundstelle(n):
NWB IAAAF-44578