Online-Nachricht - Mittwoch, 01.08.2012

Umsatzsteuer | EuGH-Vorlage zur Abgabe von Zytostatika im Krankenhaus (BFH)

Mit einem an den EuGH gerichteten Vorabentscheidungsersuchen soll geklärt werden, ob die Abgabe von Zytostatika durch Krankenhausapotheken bei ambulanten Behandlungen in Krankenhäusern umsatzsteuerfrei ist. Die Finanzverwaltung sieht nur die ambulante Behandlung selbst, nicht aber auch die Lieferung derartiger Medikamente für ambulante Behandlungen als steuerfrei an (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Der Streitfall betrifft die ambulante Behandlung im Rahmen der sog. Chemotherapie, die entweder durch den Krankenhausträger selbst oder durch sog. ermächtigte Krankenhausärzte erbracht wird. Für beide Fälle der ambulanten Behandlung liefert der Krankenhausträger die in einer Krankenhausapotheke hergestellten Zytostatika. In beiden Fällen kann die Lieferung als mit der ambulanten Heilbehandlung eng verbundener Umsatz steuerfrei sein. Der Entscheidung durch den EuGH bedarf es, da die Vorschriften des nationalen Umsatzsteuerrechts (hier: § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG a.F. bzw. § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG n.F.) in Übereinstimmung mit den Vorgaben des EU-Rechts (hier: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSyStRL) auszulegen sind und im Hinblick auf den Umfang der Steuerfreiheit nach der Richtlinie durch den EuGH zu klärende Auslegungszweifel bestehen.
Die Vorlagefragen:

  • 1. Muss es sich bei dem eng verbundenen Umsatz um eine Dienstleistung gemäß Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG handeln? 

  • 2. Falls Frage 1 zu verneinen ist: Liegt ein mit einer Krankenhausbehandlung oder ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz nur vor, wenn dieser Umsatz durch denselben Steuerpflichtigen erbracht wird, der auch die Krankenhausbehandlung oder ärztliche Heilbehandlung erbringt? 

  • 3. Falls Frage 2 zu verneinen ist: Liegt ein eng verbundener Umsatz auch dann vor, wenn die Heilbehandlung nicht nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG, sondern nach Buchst. c dieser Bestimmung steuerfrei ist?  

Anmerkung: Der Begründung zum Vorlagebeschluss lässt sich entnehmen, dass der BFH - wie die Vorinstanz (s. hierzu NWB Nachricht v. 10.6.2011) - die Steuerbefreiung anwenden möchte, wenn dies unionsrechtlich vertretbar ist. Da die individuell für die Patienten zusammengestellte Zytostatika unerlässlich für die im Streitfall ambulant verabreichten Chemotherapien ist, sollte es nicht schädlich sein, dass es sich um Lieferungen handelt und die ärztlichen Leistungen durch die angestellten Krankenhausärzte liquidiert werden, die Zytostatika dagegen durch das Krankenhaus.
Quelle: BFH online
Hinweis: Die Entscheidung des EuGH wird voraussichtlich von allgemeiner Bedeutung für die Umsatzbesteuerung von Krankenhausapotheken sein. Nicht streitig ist demgegenüber die Lieferung von Zytostatika bei stationären Behandlungen. Derartige Lieferungen sind auch nach Auffassung der Finanzverwaltung steuerfrei. Der Streitfall betrifft auch nicht die Lieferung von Zytostatika durch andere Apotheken als Krankenhausapotheken. 
 

 

 

Fundstelle(n):
NWB ZAAAF-44409