Online-Nachricht - Mittwoch, 30.05.2012

Einkommensteuer | Übernachtungskosten und Arbeitsstätte eines LKW-Fahrers (BFH)

Übernachtet ein Kraftfahrer in der Schlafkabine seines LKW, sind die Pauschalen für Übernachtungen bei Auslandsdienstreisen nicht anzuwenden. Liegen Einzelnachweise nicht vor, sind die tatsächlichen Aufwendungen zu schätzen. Darüber hinaus erfüllen bei Kraftfahrern im Fernverkehr weder der LKW-Wechselplatz noch das Fahrzeug die Merkmale einer regelmäßigen Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG (; veröffentlicht am ).


Hintergrund: Bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind als Werbungskosten auch beruflich veranlasste Reisekosten abzuziehen. Hierzu zählen auch Aufwendungen für Übernachtungen ( NWB KAAAA-93386).

Sachverhalt: Streitig ist, ob bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit eine Pauschale für Übernachtungsaufwendungen als Werbungskosten zu berücksichtigen ist. Der Kläger war in 2007 als Kraftfahrer im internationalen Fernverkehr (Deutschland, Dänemark, Schweden, Belgien, Niederlande, Luxemburg, Frankreich und Spanien) tätig. Er hatte die Möglichkeit, in der Schlafkabine seines LKW zu übernachten. In der Einkommensteuererklärung machte er u.a. Übernachtungspauschalen i.H.v. 5 € für 220 Tage sowie ab Mai 2007 wöchentliche Fahrten zum LKW-Wechselplatz nach Dänemark als Reisekosten geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die Übernachtungspauschalen mangels Nachweises der tatsächlich angefallenen Kosten nicht. Die Fahrten zum LKW-Wechselplatz berücksichtigte es lediglich als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg. Der BFH dagegen hob das Urteil auf und wie die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus: Ein Ansatz der von der Finanzverwaltung in den einschlägigen Verwaltungsanweisungen festgelegten Pauschbeträge für Übernachtungen im Ausland kommt vorliegend nicht in Betracht, da dies zu einer offensichtlich unzutreffenden Steuerfestsetzung führen würde. Denn die tatsächlich angefallenen Übernachtungskosten würden nach den bindenden Feststellungen des FG vorliegend die Pauschbeträge erheblich unterschreiten. Allerdings konnte nicht vollständig von einer Berücksichtigung der Übernachtungsaufwendungen abgesehen werden. Führt der Ansatz von Übernachtungspauschalen zu einer unzutreffenden Besteuerung, können die tatsächlich angefallenen Aufwendungen als Werbungskosten berücksichtigt werden. Liegen Einzelnachweise nicht vor, ist zu schätzen. Hierbei ist davon auszugehen, dass typischerweise bestimmte Kosten - hier für Dusche, Toilette und Reinigung der Schlafgelegenheit - entstehen. Der vom Kläger im Rahmen seiner eigenen Schätzung angesetzte Betrag erscheint in diesem Zusammenhang nicht überhöht.

Ferner sind die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für die Fahrten zum LKW-Wechselplatz nicht als solche zur Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG zu qualifizieren. Denn weder der LKW-Wechselplatz noch der LKW selbst stellen eine regelmäßige Arbeitsstätte dar. Beim ersten handelt es sich nicht um eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, beim zweiten fehlt es an einer ortsfesten Einrichtung.

Anmerkung: Vorliegend ist der BFH - wie die Vorinstanz  - stillschweigend davon ausgegangen, dass der Arbeitgeber keine steuerfreien Erstattungen geleistet hat. Im Übrigen stellt das Urteil einen weiteren Anwendungsfall der geänderten Rechtsprechung zum Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte dar. Damit entfällt für die Fahrten zum LKW und dem LKW-Wechselplatz die Entfernungspauschale, was sich bei Fahrgemeinschaften als nachteilig erweisen kann; stattdessen können die tatsächlichen Fahrtkosten angesetzt werden.

Quelle: NWB Datenbank

 

Fundstelle(n):
NWB TAAAF-44048