Suchen
Online-Nachricht - Donnerstag, 19.04.2012

Kindergeld | Erstattung von Rechtsanwaltskosten im Rechtsbehelfsverfahren (FG)

Der 12. Senat des Finanzgerichts Münster hat zur Frage der Erstattung von Rechtsanwaltskosten im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren Stellung genommen. Konkret ging es um die Frage des Verschulden des Erstattungsberechtigten bei verspätet vorgelegten Bescheinigungen bzw. Erklärungen ().


Hintergrund: Soweit der Einspruch gegen die Kindergeldfestsetzung erfolgreich ist, hat die Familienkasse demjenigen, der den Einspruch erhoben hat, die zum Zweck entsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten (§ 77 Abs. 1 Satz 1 EStG). Die Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistandes, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind erstattungsfähig, wenn dessen Zuziehung notwendig war (§ 77 Abs.2 EStG). Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen (§ 77 Abs. 1 Satz 3 EStG).

Sachverhalt: Die Familienkasse forderte den Kläger auf, für seinen Sohn nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für einen ausbildungsbedingten Kindergeldbezug vorlagen. Unter anderem sollte eine Erklärung zu den Einkünften und Bezügen sowie Studienbescheinigungen vorgelegt werden. Der Kläger bat daraufhin wegen seiner zweiwöchigen Ortsabwesenheit um eine Stellungsnahmefrist. Nach Ablauf der beantragten Frist, hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung auf. Kurze Zeit danach ging ein Schreiben des beauftragten Rechtsanwalts bei der Familienkasse ein, mit dem die angeforderten Studienbescheinigungen vorgelegt wurden. Unterlagen über die Einkünfte und Bezüge des Kindes wurden erst nach weiterer Aufforderung vorgelegt. Daraufhin erließ die Familienkasse einen Abhilfebescheid. Eine Erstattung der entstandenen Aufwendungen lehnte es nach § 77 Abs. 1 Satz 3 EStG ab.

Hierzu führte das Gericht weiter aus: Vorliegend durfte der Kläger einen Rechtsanwalt zuziehen, da die Voraussetzungen der Kindergeldaufhebung nach § 70 EStG bzw. §§ 172 ff AO keine einfache auch für einen steuerlich ungebildete Laien zu beantwortenden Rechtsfragen sind. Zu Unrecht meint die Familienkasse, dass es die Erstattung ablehnen durfte, weil die Aufwendungen durch ein schuldhaftes Verhalten des Klägers verursacht worden sei. Zwar hat der Kläger die angeforderten Unterlagen nicht bis zum beantragten Termin vorgelegt. Diese Nichtvorlage berechtigte die Familienkasse aber nicht, die Kindergeldfestsetzung rückwirkend aufzuheben. Die Aufhebung konnte nicht auf § 70 Abs. 2 Satz 1 EStG gestützt werden. Danach ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit Änderungen eingetreten sind. Wie die Familienkasse zutreffend im Aufhebungsbescheid ausführt, hat sie nicht feststellen können, dass die Anspruchsvoraussetzungen entfallen sind. Die Kindergeldfestsetzungsaufhebung konnte im Streitfall auch nicht auf § 173 AO gestützt werden. Da der Familienkasse im Zeitpunkt der Aufhebung nicht bekannt war, ob ein Anspruch auf Kindergeld besteht, hatte sie keine neuen Tatsachen festgestellt. Da auch keine anderen Berichtigungs- oder Änderungsnormen eingreifen, war der Aufhebungsbescheid rechtswidrig. Auf die aus Sicht der Familienkasse verspätet vorgelegten Studienbescheinigungen bzw. Erklärungen über die Einkünfte und Bezüge des Sohnes kam es demnach für die Aufhebung des rechtswidrigen Kindergeldaufhebungs- und Rückforderungsbescheides nicht an. 

Quelle: FG Münster online

Anmerkung: Nach Ansicht des Finanzgerichts konnte im Streitfall auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Familienkasse die für notwendig erachteten Studienbescheinigungen nicht vor Erlass des Aufhebungsbescheides auch beim Sohn des Klägers oder bei der ihm bekannten Universität angefordert hat. Den Volltext der o.g. Entscheidung finden Sie auf den Internetseiten des FG Münster.

 

Fundstelle(n):
VAAAF-43836