Online-Nachricht - Montag, 02.04.2012

Umsatzsteuer | Vorsteuerabzug bei Zweifeln über Verwendungsabsicht (EuGH)

Ein Steuerpflichtiger, der als solcher ein Investitionsgut erworben und es dem Vermögen des Unternehmens zugeordnet hat, ist berechtigt, die auf den Erwerb dieses Gegenstands entrichtete Mehrwertsteuer in dem Steuerzeitraum abzuziehen, in dem der Steueranspruch entstanden ist, auch wenn dieser Gegenstand nicht sofort für unternehmerische Zwecke verwendet wird ().

Hierzu führt der EuGH weiter aus: Eine Person, die Gegenstände für die Zwecke einer wirtschaftlichen Tätigkeit erwirbt, tut dies auch dann als Steuerpflichtiger, wenn die Gegenstände nicht sofort für diese wirtschaftliche Tätigkeit verwendet werden. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die Gesellschaft im Ausgangsverfahren die fragliche Immobilie tatsächlich für die Zwecke ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit erworben hat. Wenn das der Fall ist, kann diese Gesellschaft die Mehrwertsteuer, die auf den in vollem Umfang dem Vermögen ihres Unternehmens zugeordneten Gegenstand entfällt, vollständig und sofort abziehen, auch wenn er nicht sofort für die Zwecke ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit verwendet wird. Zudem bleibt dann, wenn kein Fall von Betrug oder Missbrauch vorliegt, das einmal entstandene Recht auf Vorsteuerabzug vorbehaltlich etwaiger Berichtigungen nach den Voraussetzungen der Mehrwertsteuerrichtlinie erhalten.

Quelle: EuGH online

Anmerkung: Das deutsche Recht ist von dem Verfahren insoweit betroffen, als der EuGH zu der Frage Stellung genommen hat, ob der Vorsteuerabzug bei Zweifeln über die unternehmerische Verwendungsabsicht bis zum Beweis des Gegenteils zu gewähren ist. Das Recht auf Vorsteuerabzug bleibt nach den Ausführungen des EuGH auch dann erhalten, wenn der Steuerpflichtige die Gegenstände oder Dienstleistungen, die zu dem Abzug geführt haben, aufgrund von Umständen, die von seinem Willen unabhängig sind, nicht im Rahmen steuerpflichtiger Umsätze verwenden konnte, denn in einem solchen Fall besteht keine Betrugs- oder Missbrauchsgefahr, die eine spätere Nacherhebung rechtfertigen könnte. In Fällen von Betrug oder Missbrauch, in denen der Steuerpflichtige die Absicht, eine bestimmte wirtschaftliche Tätigkeit aufzunehmen, nur vorgespiegelt, in Wirklichkeit jedoch versucht hat, Gegenstände, deren Erwerb zum Abzug berechtigen kann, seinem Privatvermögen zuzuführen, kann die Steuerbehörde dagegen rückwirkend die Erstattung der abgezogenen Beträge verlangen, da diese Abzüge aufgrund falscher Erklärungen gewährt wurden (vgl. RS. NWB IAAAA-89526, Randnr. 42 und Randnr. 40). Der EuGH weist in dem o.g. Verfahren darauf hin, dass die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis von der Erfüllung zweier Voraussetzungen abhängt. Zum einen müssen die fraglichen Umsätze trotz formaler Anwendung der Bedingungen der einschlägigen Bestimmungen der Mehrwertsteuerrichtlinie und des zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Rechts einen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung dem mit diesen Bestimmungen verfolgten Ziel zuwiderliefe. Zum anderen muss sich aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ergeben, dass mit dem fraglichen Umsatz im Wesentlichen ein Steuervorteil erlangt werden soll.

 

Fundstelle(n):
NWB OAAAF-43740