Online-Nachricht - Donnerstag, 15.03.2012

Zivilrecht | Preisanpassungsklauseln in Erdgas-Sonderkundenverträgen (BGH)

Rückzahlungsansprüche aufgrund einer ungültigen Preisanpassungsklausel in Erdgas-Sonderkundenverträgen können nur dann geltend gemacht werden, wenn der Kunde die Preiserhöhung innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der Jahresabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat ( sowie VIII ZR 93/11).


Sachverhalt: In dem Verfahren VIII ZR 113/11 machte der Kläger gegen die Beklagte, ein regionales Gasversorgungsunternehmen, Rückzahlungsansprüche geltend. Der Kläger bezog aufgrund eines im Jahr 1981 geschlossenen Sonderkundenvertrages Gas von der Beklagten. Die Beklagte erhöhte in der Vergangenheit wiederholt die Arbeitspreise, mit dem der Gasverbrauch abgerechnet wird. Dies geschah aufgrund einer unwirksamen Preisanpassungsklausel. Der Kläger zahlte die geforderten erhöhten Entgelte, ohne den Preiserhöhungen zu widersprechen. Im Oktober 2008 wechselte er zu einem anderen Gasanbieter. Erstmals im Februar 2009 wandte er sich gegen die von der Beklagten während der Vertragslaufzeit vorgenommenen Preiserhöhungen und begehrte die Rückzahlung der von Januar 2006 bis September 2008 gezahlten Erhöhungsbeträge auf der Basis des bei Vertragsschluss im Jahre 1981 geltenden Arbeitspreises.


Im zweiten Verfahren (VIII ZR 93/11) verlangte die Klägerin, ein Gasversorgungsunternehmen, von dem Beklagten, einem ehemaligen Sonderkunden, die Zahlung des restlichen Entgelts für Gaslieferungen für den Zeitraum Januar 2004 bis Februar 2008. Die Klägerin erhöhte seit Vertragsbeginn im Jahre 1998 mehrfach den Arbeitspreis auf der Grundlage einer ebenfalls unwirksamen Preisanpassungsklausel. Der Beklagte leistete bis Mitte 2005 die geforderten Abschlagszahlungen und wandte sich bis dahin auch nicht gegen die Jahresabrechnungen. Im Juli 2005 erhob er erstmalig Widerspruch und berief sich auf die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen. Danach behielt er erhebliche Rechnungsbeträge ein. Die Revisionen der Energieversorger gegen die bis dahin ergangenen Urteile hatten in beiden Fällen Erfolg.

Hierzu führten die Richter weiter aus: In beiden Verfahren können die bei dem jeweils viele Jahre zurückliegenden Vertragsschluss vereinbarten Arbeitspreise nicht zugrunde gelegt werden. Die durch die Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel in den Verträgen entstandene Regelungslücke ist im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise zu schließen, dass der Kunde die Unwirksamkeit der Preiserhöhung, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der Jahresabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat. Denn eine derartige Regelung hätten die Parteien bei einer Abwägung ihrer Interessen redlicherweise vereinbart, wenn sie bei Vertragsschluss bedacht hätten, dass die Wirksamkeit der verwendeten Preisänderungsklausel jedenfalls unsicher war.

Quelle: BGH, Pressemitteilung v.


 

Fundstelle(n):
NWB IAAAF-43661