Online-Nachricht - Montag, 13.02.2012

Einkommensteuer | Bauzeitzinsen als Herstellungskosten (FG)

Bauzeitzinsen und die dazugehörigen Nebenkosten sind zumindest immer dann den Herstellungskosten zuzuordnen, wenn eine Berücksichtigung als vorweggenommene Werbungskosten in den Herstellungsjahren nicht möglich ist, in den Folgejahren durch Eintritt der Vermietungsabsicht Absetzungen für Abnutzung als Werbungskosten aber anzuerkennen sind (; Revision zugelassen).


Hintergrund: Als Bauzeitzinsen bezeichnet man im Allgemeinen die Summe der während der Bauphase (also bis zum Einzug oder Beginn der Vermietung) anfallenden Zinsen einer Immobilienfinanzierung.
Sachverhalt: Strittig war die Höhe der Herstellungskosten für ein vermietetes Objekt und damit verbunden die Bemessungsgrundlage der Abschreibung für Abnutzung (AfA). Der Kläger erwarb ein unbebautes Grundstück. Das Grundstück wurde ab dem Jahr 2002 mit einem Mehrfamilienhaus bebaut. Das Gebäude wurde im Januar 2008 fertig gestellt. Das Haus sollte zunächst verkauft werden. Für den Fall, dass bis Ende Juni 2005 ein Verkauf nicht möglich sein sollte, sollte das Objekt vermietet werden. Für die Finanzierung des Mehrfamilienhauses nahm der Kläger einen Kredit auf. Finanzierungszinsen für das Mehrfamilienhaus wurden bis Juni 2005 nicht als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt. Erst ab Juli 2005 wurden die Darlehenszinsen als Werbungskosten anerkannt. In der Einkommensteuererklärung 2008 machten die Kläger eine AfA geltend. Dieser lag eine Bemessungsgrundlage zu Grunde, in die neben den Baukosten u.a. auch Darlehenszinsen für den Zeitraum bis Juni 2005 enthalten waren. Das Finanzamt minderte die Bemessungsgrundlage um die angefallenen Darlehenszinsen.
Hierzu führte das Gericht weiter aus: Nach Überzeugung des erkennenden Senats sind Bauzeitzinsen und die dazugehörigen Nebenkosten zumindest immer dann den Herstellungskosten zuzuordnen, wenn eine Berücksichtigung als vorweggenommene Werbungskosten in den Herstellungsjahren nicht möglich ist, in den Folgejahren durch Eintritt der Vermietungsabsicht AfA als Werbungskosten aber anzuerkennen sind. In die Bemessungsgrundlage der AfA sind im Streitfall daher die Bauzeitzinsen und die dazugehörigen Nebenkosten mit einzubeziehen. Dies begründet sich damit, dass steuerrechtlich die Bauzeitzinsen in diesem Fall keine Aufwendungen sind zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen”, wie es § 9 Abs.1 Satz 1 EStG fordert. Es besteht auch nach Ansicht des Senats kein sachlicher Differenzierungsgrund dafür, die Bauzeitzinsen nur bei bilanzierenden Steuerpflichtigen als Herstellungskosten zu behandeln. Die Regelung des § 255 Abs. 2 Satz 5 i.V. mit Abs. 3 HGB ist für den Herstellungskostenbegriff im Einkommensteuerrecht nach einhelliger Auffassung unabhängig von der Gewinnermittlungsart anzuwenden.
Anmerkung: Das Gericht hat die Revision zum BFH zugelassen, da es klärungsbedürftig sei, ob Bauzeitzinsen bei Überschusseinkünften den Herstellungskosten zugerechnet werden können, wenn ein Werbungskostenabzug der Zinsen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG ausgeschlossen ist. Ein Aktenzeichen des BFH ist noch nicht veröffentlicht worden.
Quelle: NWB Datenbank
 

 

 

 

Fundstelle(n):
NWB SAAAF-43461