Online-Nachricht - Mittwoch, 01.02.2012

Investitionszulage | Begriff des verarbeitenden Gewerbes (BFH)

Der Begriff des verarbeitenden Gewerbes richtet sich auch vor Inkrafttreten des § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 2010 nach der für das jeweilige Kalenderjahr geltenden Klassifikation der Wirtschaftszweige. Die Finanzgerichte haben die für die Zuordnung eines Betriebes zu einem Wirtschaftszweig erheblichen Tatsachen selbst festzustellen und zu würdigen; eine fehlerhafte Einordnung durch die Statistikämter dürfen sie nicht übernehmen (; veröffentlicht am ).


Hintergrund: Das Investitionszulagengesetz regelt die Gewährung staatlicher Zuschüsse für förderungswürdig erachtete betriebliche Anschaffungen. So sind nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1999 u.a. bewegliche Wirtschaftsgüter investitionszulagenbegünstigt, die zu einem Betrieb des verarbeitenden Gewerbes gehören.

Sachverhalt: Die Klägerin betreibt einen Kalksandsteinbruch und veräußert überwiegend Baustoffe für die Untergrundherstellung im Straßenbau. In dem Steinbruch wird zunächst durch eine Fremdfirma der Stein vom Berg abgesprengt. Danach werden in einer Vielzahl von Sortier-, Sieb- sowie Mahl- und Bruchschritten genau definierte Steinprodukte hergestellt und entsprechend den Vorgaben nach DIN und den Anforderungen der Kunden nach bestimmten Verhältnissen sortiert und gemischt. Einem Teil der Endprodukte werden Zuschlagstoffe, wie z.B. Wasser, Sand und Zement, zugegeben. Streitig ist, ob der Betrieb dem "verarbeitenden Gewerbe" oder nach Abschn. C, CB, Ziffer 14.21. der Klassifikation der Wirtschaftszweige 1993 dem "Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden" (bzw. ab 2003: Ziffer 14.11. Gewinnung von Naturwerksteinen und Natursteinen) zuzuordnen ist.

Hierzu führen die Richter des BFH weiter aus: Der Begriff des verarbeitenden Gewerbes bestimmt sich nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige. Der Gesetzgeber hat die Maßgeblichkeit der vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Klassifikation der Wirtschaftszweige zwar erstmals durch § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 2010 ausdrücklich angeordnet. Der Senat hält jedoch an seiner ständigen Rechtsprechung fest, wonach sich der Begriff des verarbeitenden Gewerbes im Investitionszulagenrecht auch für frühere Gesetzesfassungen nach der für das jeweilige Kalenderjahr geltenden Klassifikation richtet, im Streitfall also nach der WZ 2003. Die Klassifikation hat zwar lediglich statistische Ordnungsfunktion. Die Anknüpfung an die Klassifikation führt indes nicht zu einer Verletzung der Rechtsschutzgarantie. Die Verbindlichkeit der Klassifikation der Wirtschaftszweige für die Zuordnung von Betrieben zum verarbeitenden Gewerbe im Investitionszulagenrecht beruht auf einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage, da bereits die Gesetzesmaterialien zu früheren Fassungen des InvZulG eindeutig belegen, dass der Gesetzgeber bei deren Erlass von der verbindlichen Anwendung der Klassifikation bei der Zuordnung eines Betriebes zum verarbeitenden Gewerbe ausging. Die Anknüpfung an das Statistikrecht ist auch sachgerecht, da sie ein höheres Maß an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit erzeugt als ein hiervon abgelöstes, eigenes Verständnis des Gesetzesbegriffs "verarbeitendes Gewerbe".

Quelle: NWB Datenbank


 

Fundstelle(n):
NWB FAAAF-43393