Online-Nachricht - Mittwoch, 04.01.2012

Umwandlungssteuer | Einbringung einer Einzelpraxis in eine Personengesellschaft (BFH)

Wird die Einzelpraxis eines Arztes in eine GbR eingebracht und werden deren Wirtschaftsgüter erst in einem späteren Veranlagungszeitraum als dem der Einbringung in der Eröffnungsbilanz der GbR erfasst, stellt die Erstellung und Einreichung der Eröffnungsbilanz ein Ereignis mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO für die Bemessung des Einbringungsgewinns dar (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Gemäß § 16 Abs. 2 EStG ist Veräußerungsgewinn der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Buchwert des Betriebsvermögens übersteigt. Wird ein Betrieb in eine Personengesellschaft eingebracht und wird der Einbringende Mitunternehmer der Gesellschaft, so gilt gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 UmwStG der Wert, mit dem das eingebrachte Betriebsvermögen in der Bilanz der Personengesellschaft einschließlich der Ergänzungsbilanzen für ihre Gesellschafter angesetzt wird, für den Einbringenden als Veräußerungspreis.
Sachverhalt: Streitig ist, ob das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid der Klägerin und ihres verstorbenen Ehemannes für 1998 gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO mit der Begründung ändern durfte, die GbR, in die der Ehemann seine Arztpraxis eingebracht hatte, habe in ihrer Eröffnungsbilanz das eingebrachte Betriebsvermögen mit einem höheren als dem von der Klägerin und ihrem verstorbenen Ehemann erklärten Einbringungswert angesetzt.
Hierzu führte der BFH weiter aus: Nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist ein Steuerbescheid zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat. Die Vorschrift setzt voraus, dass das Ereignis nachträglich eintritt, weil nur in diesem Fall die Notwendigkeit besteht, die Bestandskraft zu durchbrechen. Konnte das Ereignis bei Erlass des betreffenden Bescheides bereits berücksichtigt werden, greift die Vorschrift nicht ein. Die Erstellung und Einreichung der die Einbringung der Praxis des Ehemannes der Klägerin in die GbR erfassenden Eröffnungsbilanz stellt ein Ereignis mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar. Die vertragliche Verpflichtung des Ehemannes, die wesentlichen Grundlagen seiner Praxis in die GbR einzubringen, war als tauschähnlicher Vorgang (Übertragung seiner Praxis gegen Einräumung einer Beteiligung an der GbR) eine Betriebsveräußerung gemäß § 16 EStG. Der Wert, mit dem das eingebrachte Betriebsvermögen in der Bilanz der GbR einschließlich der Ergänzungsbilanzen angesetzt wird, gilt gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 UmwStG - zwingend - als Veräußerungspreis des Einbringenden. Das Wahlrecht i.S. des § 24 Abs. 3 Satz 1 UmwStG wird ausschließlich durch die aufnehmende Personengesellschaft ausgeübt. Ein Veto- oder Mitspracherecht des Einbringenden besteht nicht. Eventuelle Abweichungen von einer vorherigen einvernehmlichen Festlegung der Bilanzansätze zwischen dem Einbringenden und der aufnehmenden Gesellschaft sind damit steuerrechtlich ohne Bedeutung.
Quelle: BFH online
Anmerkung: Das Problem, das im Streitfall deutlich gemacht wurde, besteht darin, dass der Einbringende keinen Einfluss auf die Festlegung des Einbringungsgewinns hat, der ihm zugerechnet wird. Da das Wahlrecht zwischen Buch- oder Zwischenwertansatz bzw. voller Aufdeckung der stillen Reserven durch Ansatz des gemeinen Werts allein von der aufnehmenden Gesellschaft ausgeübt wird, kann der Einbringende seine u.U. abweichenden Vorstellungen nur durch zivilrechtliche Vereinbarungen absichern, die ihm etwaige Ersatzansprüche ermöglichen.

 

 

Fundstelle(n):
NWB XAAAF-43215