Online-Nachricht - Freitag, 18.11.2011

Einkommensteuer | Steuerpflicht von Erstattungszinsen zweifelhaft (FG)

Der 2. Senat des Finanzgerichts Münster hat - wie schon zuvor der 1. Senat des Finanzgerichts Düsseldorf (Az. 1 V 2325/11 A E) - ernstliche Zweifel an der durch das Jahressteuergesetz (JStG) 2010 rückwirkend angeordneten Besteuerung von Zinsen, die der Fiskus auf Steuererstattungen zahlt (sog. Erstattungszinsen), geäußert (; Beschwerde zugelassen).

Sachverhalt: Im Streitfall hatte die Antragstellerin im Jahr 2008 Erstattungszinsen (§ 233a AO) für die Jahre 2001 bis 2003 erhalten. Das Finanzamt besteuerte die Zinsen nach Maßgabe des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG n.F. als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die Antragstellerin sah dies anders und beantragte beim Finanzgericht, die Vollziehung der streitigen Steuer für die Erstattungszinsen auszusetzen, da die durch das JStG angeordnete Rückwirkung der Neuregelung nicht im Einklang mit dem Grundgesetz stehe.

Entscheidung des 2. Senats des FG Münster: Der Senat stellte - im Rahmen einer im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung - nicht nur in Frage, ob die Regelung des  § 52a Abs. 8 Satz 2 EStG gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgende Rückwirkungsverbot verstoße. Er monierte zudem, dass der Gesetzgeber auf eine umfassende gesetzgeberische Neuregelung zur steuerlichen Behandlung von Erstattungs- und Nachzahlungszinsen verzichtet habe. Zwar sei der Gesetzgeber befugt, grundlegende Systemwechsel herbeizuführen. Allerdings bedürfe es hierfür eines „wirklich neuen Regelwerkes“ mit einem Mindestmaß von Ansätzen neuer Prinzipien- oder Systemorientierung. Hebe der Gesetzgeber durch die im JStG geregelte isolierte Begründung der Steuerpflicht für Erstattungszinsen die nach der bis dahin geltenden gesetzgeberischen Grundentscheidung möglicherweise gebotene Gleichbehandlung von Erstattungs- und Nachzahlungszinsen auf, so bedürfe es hierfür wohl einer systematischen Klarstellung, Ergänzung oder Änderung weiterer Vorschriften. Unklar sei insbesondere, welche Bedeutung der Regelung des § 12 Nr. 3 EStG, die (weiterhin) die Nichtabzugsfähigkeit von Nachzahlungszinsen festschreibe, im Hinblick auf das Leistungsfähigkeits-, das Netto- und das Veranlassungsprinzip zukommen solle. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das Gericht die Beschwerde zum BFH zugelassen.

Hinweise: Im Gegensatz dazu haben der 2. Senat des FG Schleswig-Holstein (Az. NWB LAAAD-87439) sowie der 5. Senat des FG Münster (Az. NWB RAAAD-60285) die Auffassung vertreten, dass die durch das JStG 2010 angeordnete Besteuerung von Erstattungszinsen verfassungsgemäß ist. Gegen die letztgenannte Entscheidung wurde zwischenzeitlich Revision eingelegt (BFH-Az. NWB CAAAD-78814). Den Volltext der Entscheidung des 2. Senats des FG Münster finden Sie auf dessen Internetseiten. Zur Homepage des FG Münster gelangen Sie hier

Quelle: FG Münster online

 

Fundstelle(n):
NWB SAAAF-42959