Online-Nachricht - Mittwoch, 26.10.2011

Umsatzsteuer | Steuerfreiheit hygienischer Leistungen eines Arztes (BFH)

Infektionshygienische Leistungen eines Arztes, die dieser für andere Ärzte oder Krankenhäuser erbringt, damit diese ihre gesetzlichen Verpflichtungen erfüllen können, sind als Heilbehandlungsleistung nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei (; veröffentlicht am ).


Hintergrund: Nach § 4 Nr. 14 Satz 1 a.F. UStG sind u.a. "Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut (Krankengymnast), Hebamme oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit und aus der Tätigkeit als klinischer Chemiker" steuerfrei.

Sachverhalt: Der Kläger ist als Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemie im Bereicht Krankenhaus- und Praxishygiene selbständig tätig. Im Rahmen seiner Tätigkeit führte er u.a. für eine Laborpraxis krankenhaus- und praxishygienische Betreuungen, Beratungen, Bewertungen, Begutachtungen und Fortbildungen durch. Die Umsätze behandelte er als nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei. Soweit seine Leistung technische Bereiche wie bspw. die Beratung bei der Ausgestaltung von Bauten betraf, unterwarf er die hieraus resultierenden Umsätze der Umsatzsteuer. Das Finanzamt dagegen beurteilte sämtliche Umsätze als umsatzsteuerpflichtig. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg. Das Finanzgericht argumentierte, der Kläger sei nur beratend, nicht aber im Rahmen konkreter Arzt-Patientenverhältnisse tätig geworden. Der BFH folgte dem nicht.

Hierzu führten die Richter weiter aus: Infektionshygienische Leistungen eines Arztes, die dieser für andere Ärzte und Krankenhäuser erbringt, damit diese ihre Heilbehandlungsleistungen ordnungsgemäß unter Beachtung gesetzlicher Vorschriften erbringen, sind als Heilbehandlungsleistung nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei. § 4 Nr. 14 UStG ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH entsprechend Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG auszulegen, wonach die Steuerfreiheit voraussetzt, dass der Unternehmer eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin durch ärztliche oder arztähnliche Leistungen erbringt und die dafür erforderliche Qualifikation besitzt (vgl. z.B. NWB YAAAD-24096). Auch vorbeugende Leistungen können hierzu gehören. Insofern sind infektionshygienische Leistungen, die sicherstellen sollen, dass Ärzte und Krankenhäuser die für sie bestehenden Verpflichtungen nach dem "Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen" (IfSG) im jeweiligen Einzelfall erfüllen, als ärztliche Heilbehandlung zu qualifizieren. Denn die Steuerbefreiung erfordert nicht zwingend ein zwischen Arzt und Patient bestehendes Vertrauensverhältnis. Ausreichend ist, dass die Dienstleistungen "ein unerlässlicher, fester und untrennbarer Bestandteil" eines "Gesamtverfahrens" ist, "dessen einzelne Abschnitte sinnvollerweise nicht isoliert voneinander durchgeführt werden können" (vgl. auch NWB PAAAD-56785).

Hinweis: Vorliegend konnte der BFH nicht abschließend beurteilen, in welchem Umfang die Leistungen des Klägers nach ihrem Inhalt unmittelbar dazu dienten, dass Ärzte und Krankenhäuser die für sie nach dem IfSG bestehenden Verpflichtungen zur Einhaltung der erforderlichen Infektionshygiene erfüllen. Insofern hoben sie das Urteil des FG auf und wiesen die Sache zur Nachholung entsprechender Feststellungen an das FG zurück.

Quelle: BFH online

Anmerkung: Bedeutsam ist die Klarstellung, dass die Steuerbefreiung für ärztliche Leistungen nicht unabdingbar auf Leistungen für den einzelnen Patienten beschränkt ist. Leistungen - auch Beratungsleistungen -, die gegenüber Ärzten, Krankenhäusern und ähnlichen Einrichtungen unmittelbar zur Unterstützung ihrer Heilbehandlungen erbracht werden, sind auch dann begünstigt, wenn sie keinen Bezug zu einem konkreten Krankheitsfall haben.

 

Fundstelle(n):
NWB LAAAF-42824