Online-Nachricht - Mittwoch, 21.09.2011

Einkommensteuer | Wertpapieren im Betriebsvermögen eines Arztes (BFH)

Wertpapiere können in das Betriebsvermögen eines Arztes eingelegt werden, wenn ihre Anschaffung, das Halten und ihr Verkauf ein Hilfsgeschäft der freiberuflichen Tätigkeit darstellen, z.B. in Form eines verbindlich vereinbarten Finanzierungskonzepts für den ärztlichen Betrieb. Ihre Einlage mindert den Betrag der Überentnahmen i.S. des § 4 Abs. 4a EStG (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Schuldzinsen sind nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen. Dabei werden die nicht abziehbaren Schuldzinsen typisiert mit 6% der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt (§ 4 Abs. 4a EStG).
Sachverhalt: Ein Arzt wies in seiner Bilanz Darlehen aus, die teilweise auf dem Erwerb der Praxis beruhten. Mit weiteren Darlehen finanzierte der Kläger im Rahmen eines Mehrkontenmodells den Kauf eines Privathauses. Mit betrieblichen Mitteln hatte er in großer Zahl Aktien erworben, diese zum Teil wieder verkauft und teilweise auch zur Darlehenstilgung eingesetzt. Außerdem kaufte und verkaufte er Geldmarktfonds. Auf dem betrieblichen Sachkonto -Wertpapiere- buchte er einen Betrag von ca. 500.000 DM. Die Bilanz wies die Wertpapiere als Umlaufvermögen aus. Das Finanzamt berücksichtigte bei der Ermittlung der Überentnahmen (§ 4 Abs. 4a EStG) die auf dem Sachkonto -Wertpapiere- gebuchten Beträge nicht als Einlagen.
Hierzu führt der BFH weiter aus: Auch Freiberufler können gewillkürtes Betriebsvermögen bilden. Dies gilt für Geldgeschäfte - wie hier den Erwerb von Wertpapieren - aber nur, wenn dafür ausschließlich betriebliche Gründe maßgeblich sind. Den Einkünften aus selbständiger Arbeit sind sie nur zuzurechnen, wenn sie als Hilfsgeschäft zur freiberuflichen Tätigkeit angesehen werden können. Ein solches Hilfsgeschäft kann z.B. vorliegen, wenn ein als Sicherheit für betriebliche Schulden verpfändetes Wertpapierdepot in seiner Verwendung so festgelegt ist, dass es aus der Sicht der kreditgebenden Bank untrennbarer Bestandteil eines Finanzierungskonzepts für den freiberuflichen Betrieb ist, das über die Verwendung des Depots als Kreditsicherheit hinausgeht. Nach diesen Grundsätzen kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Finanzgerichts nicht abschließend beurteilt werden, ob und in welchem Umfang die Geldgeschäfte des Klägers (An- und Verkäufe von Geldmarktfonds sowie von Aktien) als Hilfsgeschäfte seiner freiberuflichen Tätigkeit als Arzt zu beurteilen sind. Das Finanzgericht wird die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nachzuholen haben, ob die in den Betrieb eingelegten Geldmarktfonds und Aktien ganz oder teilweise objektiv - insbesondere nach den Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der sowohl die betrieblichen Kredite als auch das Wertpapierdepot verwaltenden Bank - dem Betrieb zu dienen geeignet und bestimmt waren oder ob sowohl Geldmarktfonds als auch Aktien unverändert wie zuvor Gegenstand der vom Kläger erwirtschafteten Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 EStG und der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 EStG waren.
Quelle: BFH online
Anmerkung: Risikogeneigte Geld- und Wertpapieranlagen werden gerne ins Betriebsvermögen genommen, weil dann die Verlustverrechnung einfacher ist und nach altem Recht vielfach erst ermöglicht wurde. Dieses Interesse spielte im Streitfall aber keine Rolle. Dass solche Wertpapiere als Einlage auch die Überentnahmen verringern und damit den Schuldzinsenabzug gewährleistet, liegt auf der Hand. Der Leitsatz des Urteils verspricht aber mehr als die Gründe halten können. Wertpapiere im Umlaufvermögen einer ärztlichen Praxis sind eben doch kaum vorstellbar.
 


 

Fundstelle(n):
NWB SAAAF-42596