BGH Urteil v. - VII ZR 43/15

Bauvertrag über die schlüsselfertige Errichtung einer Doppelhaushälfte: Entbehrlichkeit des Vorbehalts einer Vertragsstrafe bei Abnahme

Leitsatz

Ein Vorbehalt der Vertragsstrafe bei Abnahme ist gemäß § 341 Abs. 3 BGB jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn der Besteller bereits vor Abnahme die Aufrechnung mit der Vertragsstrafe erklärt hat und der Anspruch auf Vertragsstrafe infolgedessen bereits vollständig erloschen ist (insoweit Aufgabe von , BGHZ 85, 240).

Gesetze: § 339 BGB, § 341 Abs 3 BGB, § 640 Abs 1 BGB

Instanzenzug: OLG Zweibrücken Az: 6 U 40/14vorgehend LG Kaiserslautern Az: 3 O 56/12

Tatbestand

1Die Klägerin begehrt von den Beklagten die Zahlung restlichen Werklohns in Höhe von 14.517,08 € Zug um Zug gegen Beseitigung näher bezeichneter Mängel. Die Beklagten berufen sich - soweit für die Revision noch von Interesse - auf eine vorprozessual erklärte Aufrechnung mit einem Anspruch auf Vertragsstrafe in Höhe von 8.449,58 €.

2Die Klägerin verpflichtete sich mit von ihr gestelltem Formularvertrag vom gegenüber den Beklagten zur schlüsselfertigen Errichtung einer Doppelhaushälfte nebst Fertiggarage in K. zu einem Preis von 201.100 € inklusive Umsatzsteuer. Nach § 5 des Vertrages war der Gesamtpreis in acht Raten zu zahlen, die sich überwiegend am Fortgang des Bauvorhabens orientierten. Als Fertigstellungstermin vereinbarten die Parteien "8 Monate nach Baugenehmigung". § 15 des Vertrages lautet wie folgt:

"Vertragsstrafe

Werden die Vertragstermine überschritten, ist der AN verpflichtet, für jeden Kalender-Tag der Überschreitung an den AG eine Vertragsstrafe in Höhe von 0,2 % der Auftragssumme zu zahlen, höchstens jedoch 5 % der Nettoauftragssumme."

3Die Baugenehmigung wurde am erteilt und nach der Behauptung der Beklagten am an die Klägerin übergeben. Am begann die Klägerin mit den Erdarbeiten. Die Bodenplatte des Hauses wurde am gegossen. Mitte September 2011 war das Haus noch nicht fertiggestellt. Mit Schreiben vom beanstandeten die Beklagten die mangelnde Fertigstellung zum vereinbarten Zeitpunkt und kündigten die Geltendmachung der Vertragsstrafe und weiterer Verzugsschäden an. Beginnend mit dem vermieteten sie das Objekt zu einem Mietpreis von 1.500 € monatlich. Unter dem erstellte die Klägerin die Schlussrechnung, mit der sie die Rate 7 in Höhe von 20.225 € (10 % nach Fertigstellung des Innenausbaus) und die Rate 8 in Höhe von 6.067,50 € (3 % nach Fertigstellung und Hausübergabe) zusammenfasste und Zahlung von insgesamt 26.292,50 € brutto geltend machte.

4Am fand ein Termin auf der Baustelle statt, an dem die Parteien und ein von den Beklagten beauftragter Sachverständiger teilnahmen. Die Pflasterarbeiten im Außenbereich (Zuwegung und Terrasse) waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgeführt. Nach einem von dem Sachverständigen erstellten Bericht wies das Bauvorhaben ferner zahlreiche, zum Teil als erheblich eingestufte Mängel auf. Eine ausdrückliche Abnahmeerklärung gaben die Beklagten an diesem Tag nicht ab. Durch Anwaltsschreiben vom gleichen Tag kündigten sie an, dass auf die Rechnung vom wegen mangelnder Fälligkeit der letzten Rate lediglich die vorletzte Rate in Höhe von 20.225 € abzüglich der insgesamt angefallenen Vertragsstrafe in Höhe von 8.449,58 € überwiesen werde. Entsprechend zahlten sie an die Klägerin 11.775,42 €.

5Die Klägerin beseitigte einige Mängel und stellte Ende November 2011 die Arbeiten im Außenbereich fertig. Mit Schriftsatz vom forderte sie die Beklagten unter Fristsetzung bis zum auf, die Abnahme zu erklären.

6Das Landgericht hat der Zahlungsklage in Höhe von 6.067,50 € Zug um Zug gegen Beseitigung näher bezeichneter Mängel stattgegeben. Das Berufungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und der Zahlungsklage in Höhe von 4.582,83 € Zug um Zug gegen Beseitigung näher bezeichneter Mängel stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Werklohnanspruch in Höhe von 8.449,58 € weiter.

Gründe

7Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.

I.

8Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in BauR 2015, 1681 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, die Werklohnforderung sei in Höhe von 8.449,58 € aufgrund der von den Beklagten erklärten Aufrechnung mit der Vertragsstrafe gegen die fällige Rate 7 erloschen.

9Die Vertragsstrafe sei wirksam vereinbart worden, insbesondere sei die vereinbarte Fertigstellungsfrist hinreichend bestimmt. Die Vertragsstrafe sei gemäß § 339 BGB verwirkt, da die Klägerin mit der Fertigstellung des Objekts in Verzug geraten sei. Aufgrund der vertraglichen Regelung lasse sich die Fertigstellungsfrist von dem Ereignis "Baugenehmigung" an nach dem Kalender berechnen, so dass gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB Verzug ohne Mahnung eintrete. Da Anknüpfungspunkt die Baugenehmigung als solche sei, komme es nicht auf den zwischen den Parteien streitigen Zeitpunkt der Übergabe der Baugenehmigung an die Klägerin an. Allerdings sei aufgrund des substantiierten Vortrags der Beklagten, dem die Klägerin nur unzureichend entgegengetreten sei, von deren Kenntnisnahme am auszugehen. Anhaltspunkte für eine ungewöhnliche Verzögerung der Übergabe lägen jedenfalls nicht vor. Die Fertigstellungsfrist sei damit spätestens am abgelaufen. Am sei die Vertragsstrafe in voller Höhe angefallen, da bis zu diesem Zeitpunkt weder die Arbeiten im Innenbereich (Fliesen, Bodenbelag, Wasseranschlüsse) noch die Außenanlagen (Zuwegung und Terrasse) fertiggestellt gewesen seien. Die für die rechtzeitige Fertigstellung darlegungs- und beweisbelastete Klägerin habe den substantiierten Vortrag der Beklagten nicht widerlegt. Noch am sei das Bauvorhaben allein wegen der fehlenden Außenanlagen nicht fertiggestellt gewesen.

10Die Klägerin habe nicht schlüssig vorgetragen, dass sie an der Fristüberschreitung kein Verschulden treffe. So habe sie keine Störungen im Bauablauf dargelegt, die ein Entfallen der Vertragsstrafenregelung oder eine Verschiebung des Ausführungszeitraums rechtfertigten. Die erforderliche Beseitigung des Baumbestandes sei nicht als erhebliche Störung einzustufen. Gleiches gelte für die angeführten Maßnahmen im Zusammenhang mit den Erdarbeiten. Die mit dem Baugrund verbundenen Risiken seien in dem Bauvertrag nicht klar den Beklagten auferlegt worden, zumindest sei kein Zusammenhang mit der Ausführungsfrist hergestellt worden. Darüber hinaus fehle es auch an hinreichend konkretem Vortrag der Klägerin zu den Umständen der Behinderung durch zusätzliche Erdarbeiten. Die Klägerin habe sich weitgehend auf die Behauptung beschränkt, die zusätzlichen Arbeiten hätten vom 24. Januar bis gedauert; es fehlten aber nähere Angaben zu den überraschenderweise zusätzlich erforderlichen Arbeiten und eine Abgrenzung zu den ohnehin erforderlichen Arbeiten. Der Vortrag der Klägerin zu Verzögerungen durch Frosttage sei ebenfalls unzureichend. Sie habe sich angesichts des geplanten Baubeginns im Winter ohnehin auf Frosttage im üblichen Umfang einstellen müssen. Nachdem zuletzt unstreitig geworden sei, dass die Bodenplatte bereits am betoniert worden sei, sei die ohnehin unzureichende Darstellung der Klägerin zu Auswirkungen der Bodenbeschaffenheit auf die Ausführungsfrist weiter erschüttert worden.

11Die Geltendmachung der Vertragsstrafe sei nicht gemäß § 341 Abs. 3 BGB ausgeschlossen.

12Es könne dahinstehen, ob sich die Beklagten im Zusammenhang mit dem Termin vom die Vertragsstrafe vorbehalten hätten. An diesem Tag sei es nämlich nicht zu einer Abnahme gekommen. Die Beklagten hätten eine ausdrückliche Abnahme weder mündlich erklärt noch ergebe sie sich aus dem Terminsprotokoll. Eine konkludente Abnahme könne ebenfalls nicht festgestellt werden. Im Termin habe es Streit gegeben. Die Beklagten hätten eine Reihe von Mängeln und das Fehlen der Außenanlage beanstandet. Die Teilzahlung könne schon deshalb nicht als konkludente Abnahme gewertet werden, weil nur die vorletzte Rate abzüglich der Vertragsstrafe überwiesen worden sei. Auch aus der Ingebrauchnahme durch Überlassung des Objekts an den Mieter folge keine konkludente Abnahme. Angesichts der beanstandeten Mängel und der fehlenden Fertigstellung der Außenanlagen habe die Klägerin dies nicht als Billigung der Werkleistung als im Wesentlichen vertragsgemäß verstehen dürfen. Die Ingebrauchnahme habe sich vielmehr als Maßnahme der Schadensminderung dargestellt.

13Im Laufe des Rechtsstreits sei es allerdings gemäß § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB zu einer fingierten Abnahme gekommen. Die Klägerin habe die Beklagten mit Schriftsatz vom unter Fristsetzung bis zum erfolglos zur Abnahme aufgefordert. Zu diesem Zeitpunkt seien die Außenanlagen fertiggestellt und ein Teil der Mängel beseitigt gewesen. Die verbliebenen Mängel seien bei einer Gesamtbetrachtung trotz der Vielzahl nicht mehr als wesentlich zu bewerten und stünden daher einer Abnahme nicht entgegen. Auch wenn im zeitlichen Zusammenhang mit der fingierten Abnahme keine ausdrückliche Vorbehaltserklärung erfolgt sei, könnten die Beklagten die Vertragsstrafe geltend machen. So sei anerkannt, dass ein Vorbehalt bei Abnahme entbehrlich sei, wenn die Vertragsstrafe bereits gerichtlich geltend gemacht werde und die Rechtshängigkeit im Zeitpunkt der Abnahme noch bestehe. Hier hätten sich die Beklagten im Prozess gegenüber der Werklohnforderung mit der Aufrechnung der Vertragsstrafe verteidigt. Zwar ziehe die Aufrechnung im Prozess keine Rechtshängigkeit der aufgerechneten Forderung nach sich. Dennoch sei die vorliegende Aufrechnung im Prozess mit einer auf Zahlung der Vertragsstrafe gerichteten Klage gleichzusetzen. Das Argument, der Gläubiger könne sich den Strafanspruch nicht deutlicher vorbehalten als durch Führung eines Prozesses um diesen Anspruch, treffe auf die vorliegende Fallgestaltung in gleicher Weise zu. Das Strafverlangen komme auch hier fortgesetzt zum Ausdruck.

II.

14Das hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.

151. Entgegen der Auffassung der Revision unterliegt das Berufungsurteil nicht bereits deshalb der Aufhebung, weil es die Berufungsanträge der Parteien nicht wörtlich wiedergibt.

16Allerdings sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich die in zweiter Instanz gestellten Berufungsanträge im Berufungsurteil aufzuführen. Eine wörtliche Wiedergabe ist jedoch nicht erforderlich, vielmehr genügt es, wenn aus dem Zusammenhang sinngemäß deutlich wird, was ein Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel erstrebt (vgl. , NJW 2011, 2054 Rn. 9 f.; Urteil vom - VIII ZR 262/02, BGHZ 154, 99, 100 f., juris Rn. 5). Das Berufungsgericht hat in dem einleitenden Abschnitt des Berufungsurteils nach Grund und Höhe dargelegt, welche Forderung die Klägerin geltend macht und mit welchen Gegenforderungen die Beklagten aufrechnen, ferner, welche Entscheidung das erstinstanzliche Gericht getroffen hat. Aus der weiteren Angabe, dass die Parteien mit den beiderseitigen Berufungen die jeweils aberkannten Forderungen - mit Ausnahme einer näher bezeichneten Nebenforderung - weiterverfolgten, werden die Ziele der eingelegten Rechtsmittel hinreichend deutlich.

172. Das Berufungsgericht hat zu Recht das Erlöschen der Werklohnforderung in Höhe von 8.449,58 € wegen der von den Beklagten vorprozessual erklärten Aufrechnung mit der gemäß § 339 Satz 1 BGB verwirkten Vertragsstrafe bejaht.

18a) Die Parteien haben nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in dem von der Klägerin gestellten Formularvertrag eine Vertragsstrafe gemäß § 339 Satz 1 BGB vereinbart, die sie an den Verzug mit der im Vertrag bestimmten Fertigstellungsfrist geknüpft haben. Soweit das Berufungsgericht die Wirksamkeit der Vereinbarung einschließlich der hinreichenden Bestimmtheit der Fertigstellungsfrist "8 Monate nach Baugenehmigung" bejaht hat, wird dies von der Revision nicht in Frage gestellt. Revisionsrechtlich beachtliche Rechtsfehler sind insoweit auch nicht zu erkennen.

19b) Die Feststellungen des Berufungsgerichts, die Klägerin sei am mit der Fertigstellung des Bauvorhabens in Verzug geraten, sind revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.

20aa) Soweit das Berufungsgericht für den Beginn des Laufs der Fertigstellungsfrist den zugrunde gelegt hat, wird das von der Revision hingenommen. Gleiches gilt für die Feststellungen des Berufungsgerichts, das Bauvorhaben sei am nicht fertiggestellt gewesen, weil sowohl wesentliche Arbeiten im Innenbereich als auch im Außenbereich noch fehlten, und dieser Zustand habe bis zum - dem Zeitpunkt, an dem die Vertragsstrafe in voller Höhe angefallen sei - angedauert.

21bb) Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, die Klägerin habe nicht plausibel dargelegt, dass sie an der Fristüberschreitung kein Verschulden treffe oder die Vertragsstrafenregelung aufgrund ihr nicht zuzurechnender Verzögerungen gar insgesamt hinfällig geworden sei. Dies lässt - entgegen der Auffassung der Revision - keine revisionsrechtlich beachtlichen Rechtsfehler erkennen.

22Die Klägerin beruft sich mit der Revision allein darauf, dass das Grundstück der Beklagten nicht die im Vertrag vorausgesetzte Bodenpressung aufgewiesen habe. Es habe daher in größerem Umfang Erde ausgehoben und Recyclingmaterial eingebracht werden müssen. Die Klägerin habe diese Arbeiten in der Zeit vom 24. Januar bis zum durchgeführt, was zu einer entsprechenden ihr nicht zuzurechnenden Verzögerung des Bauablaufs um 33 Tage geführt habe, so dass sie kein Verschulden an der Fristüberschreitung treffe.

23Das Berufungsgericht hat diese Darstellung in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise als unzureichend angesehen.

24Dabei ist es im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin gemäß § 345 BGB die Einhaltung der vereinbarten Fertigstellungsfrist und bei Fristüberschreitung gemäß § 286 Abs. 4 BGB das fehlende Verschulden hieran darzulegen und zu beweisen hat. Es hat ferner zutreffend die Rechtsprechung des Senats zugrunde gelegt, wonach der Unternehmer, der sich auf ein fehlendes Verschulden an der Fristüberschreitung beruft, zur Erfüllung seiner Darlegungslast konkrete Angaben zu der Behinderung durch nicht in seiner Risikosphäre liegende Umstände zu machen hat. Hierfür genügt nicht die bloße Benennung der Umstände, vielmehr muss in der Regel eine konkrete, bauablaufbezogene Darstellung der jeweiligen Behinderung erfolgen. Soweit die Behinderung darin besteht, dass bestimmte Arbeiten nicht in der vorgesehenen Zeit durchgeführt werden können, ist die sich daraus ergebende Bauzeitverzögerung ebenfalls nach allgemeinen Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast zu beurteilen. Der Unternehmer hat deshalb darzulegen und den nach § 286 ZPO erforderlichen Beweis dafür zu erbringen, wie lange die konkrete Behinderung andauerte (vgl. , BGHZ 162, 259, 262 f., juris Rn. 13 und VII ZR 225/03, BauR 2005, 861, 864, juris Rn. 29 = NZBau 2005, 335).

25Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze lässt die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe ein fehlendes Verschulden an der Fristüberschreitung nicht hinreichend dargelegt, keine Rechtsfehler erkennen. Die in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet, § 564 Satz 1 ZPO.

26cc) Eine Mahnung war nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB entbehrlich, da sich die Fertigstellungsfrist von der Erteilung der Baugenehmigung an nach dem Kalender berechnen ließ.

27c) Die Höhe der Vertragsstrafe steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

28d) Der Vertragsstrafenanspruch ist im Streitfall nicht deshalb erloschen, weil die Beklagten keinen Vorbehalt bei der Abnahme der Werkleistung erklärt haben.

29Nach § 341 Abs. 3 BGB kann der Gläubiger, der die Erfüllung annimmt, die Vertragsstrafe grundsätzlich nur verlangen, wenn er sich das Recht dazu bei Annahme vorbehält. Im Werkvertragsrecht stellt die Abnahme des Bestellers gemäß § 640 Abs. 1 Satz 1 BGB die Annahme als Erfüllung dar (vgl. , BauR 1997, 640, 641, juris Rn. 8; Urteil vom - VII ZR 150/59, BGHZ 33, 236, 237 m.w.N.).

30aa) Entgegen der Auffassung der Revision kommt es nicht darauf an, ob die Beklagten am einen Vertragsstrafenvorbehalt erklärt haben. Denn an diesem Tag ist es nicht zu einer Abnahme der Werkleistung gekommen. Eine ausdrückliche Abnahmeerklärung ist unstreitig nicht erfolgt. Auf Grundlage der nicht angefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts kommt auch eine konkludente Abnahme nicht in Betracht. Eine konkludente Abnahme setzt voraus, dass nach den Umständen des Einzelfalles das nach Außen hervortretende Verhalten des Bestellers den Schluss rechtfertigt, er billige das Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß (vgl. , BauR 1999, 1186, 1188, juris Rn. 16; Urteil vom - VII ZR 310/99, BGHZ 146, 250, 262, juris Rn. 39). In einer Nutzung durch den Besteller kann eine konkludente Abnahme liegen. Das ist jedoch nicht der Fall, wenn der Besteller vor Beginn der Nutzung oder innerhalb einer angemessenen Prüffrist Mängel rügt, die ihn zu einer Abnahmeverweigerung berechtigen (, BGHZ 146, 250, 262, juris Rn. 39), oder wenn das Bauwerk noch nicht vollständig fertiggestellt ist (vgl. , BauR 2011, 876 Rn. 14). Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht zu Recht eine konkludente Abnahme verneint. Denn anlässlich des Termins vom hat der von den Beklagten beauftragte Sachverständige eine Reihe von Mängeln festgestellt, die er zum Teil als erheblich eingestuft hat. Darüber hinaus waren die Außenanlagen noch nicht fertiggestellt, was ebenfalls beanstandet wurde. Die Klägerin hatte daher keinen Anlass zur Annahme, die Beklagten billigten das Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß.

31bb) Es kann offen bleiben, ob die Beklagten im Rahmen der vom Berufungsgericht rechtfehlerfrei festgestellten fiktiven Abnahme gemäß § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB im April 2012 einen Vertragsstrafenvorbehalt erklärt haben. Des Weiteren kann der Senat offen lassen, ob im Rahmen der fiktiven Abnahme überhaupt die Erklärung eines Vertragsstrafenvorbehalts erforderlich ist, um die Vertragsstrafe verlangen zu können.

32Ein Vorbehalt der Vertragsstrafe bei Abnahme gemäß § 341 Abs. 3 BGB ist jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn der Besteller bereits vor Abnahme die Aufrechnung mit der Vertragsstrafe erklärt hat und der Anspruch auf Vertragsstrafe infolgedessen bereits vollständig erloschen ist. Soweit das Urteil vom (VII ZR 11/82, BGHZ 85, 240) dem entgegensteht, hält der Senat aus den nachfolgenden Gründen hieran nicht fest.

33(1) Bereits der Wortlaut des § 341 Abs. 3 BGB, nach dem der Gläubiger die Vertragsstrafe nur verlangen kann, wenn er sich das Recht dazu bei Abnahme vorbehält, spricht dafür, dass ein Vorbehalt allein dann erforderlich ist, wenn der Strafanspruch bei Abnahme noch besteht (vgl. Reinicke/Tiedtke, DB 1983, 1639, 1640). Ist die Vertragsstrafe zu diesem Zeitpunkt aufgrund einer vom Gläubiger erklärten Aufrechnung bereits erloschen, kann er sie nicht mehr verlangen. Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung erfordern keine abweichende Beurteilung. Soweit die Vorschrift des § 341 Abs. 3 BGB die Schaffung von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit bezweckt, steht dies der vorstehenden Auslegung nicht entgegen. Würde man hingegen in einem solchen Fall ein Vorbehaltserfordernis im Zeitpunkt der Abnahme annehmen, würden bei fehlendem Vorbehalt die Aufrechnungswirkungen im Nachhinein entfallen, was weder Rechtsklarheit noch Rechtssicherheit fördert. Die mit der Vorschrift verbundene Schuldnerschutzfunktion erfordert ein solches Verständnis ebenfalls nicht. § 341 Abs. 3 BGB soll nicht nur klare Verhältnisse schaffen, sondern auch unbillige Härten gegen den Schuldner verhindern (vgl. Motive II, S. 277). Die unbillige Härte liegt nach dieser Vorschrift aber allein darin, dass der Schuldner die Vertragsstrafe erfüllen muss, obwohl er nicht mehr damit rechnet. § 341 Abs. 3 BGB stellt deshalb formal auf die Erklärung des Vorbehalts bei Abnahme ab, ohne dass es auf einen etwaigen Verzichtswillen des Gläubigers ankommt. Der Schuldner soll auf diese Weise Klarheit haben, ob die Vertragsstrafe noch geltend gemacht wird, und nicht Gefahr laufen, noch bis zum Ablauf der Verjährungsfrist in Anspruch genommen zu werden (vgl. Protokolle I, S. 778 f.). Diese Gefahr besteht aber nicht, wenn die Vertragsstrafe bereits erfüllt ist. Letztlich gebietet auch die Funktion der Vertragsstrafe keine andere Auslegung des § 341 Abs. 3 BGB. Die Vertragsstrafe ist vom Gesetzgeber mit einer doppelten Zielrichtung geschaffen worden. Sie soll zum einen als Druckmittel den Schuldner zur ordnungsgemäßen Erbringung der versprochenen Leistung anhalten und zum anderen dem Gläubiger im Verletzungsfall die Möglichkeit einer erleichterten Schadloshaltung eröffnen (vgl. Motive II, S. 275). Im Hinblick auf ihre Funktion als Druckmittel soll der Schuldner grundsätzlich auch bei bereits verwirkter Vertragsstrafe die Aussicht behalten, dass der Gläubiger unter dem Eindruck der nachgeholten Erfüllung von seinem Recht, die Vertragsstrafe zu fordern, keinen Gebrauch macht. Diese dem Gläubiger dienende Funktion kann aber dann nicht mehr maßgeblich sein, wenn die Vertragsstrafe durch eine von ihm erklärte Aufrechnung bereits erloschen ist und er sich dadurch selbst seines Druckmittels begeben hat.

34(2) So liegt der Fall hier. Die Beklagten haben, wie mit Anwaltsschreiben vom mitgeteilt, von der vorletzten Werklohnrate die Vertragsstrafe abgezogen und den danach verbleibenden Restbetrag an die Klägerin überwiesen. Darin liegt eine Aufrechnung, die gemäß § 389 BGB zum Erlöschen der gegenseitigen Forderungen geführt hat, soweit sie sich decken, und damit die Erfüllung des Strafanspruchs bewirkt hat.

III.

35Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 565 Satz 1, § 516 Abs. 3 ZPO.

Eick                       Kartzke                        Graßnack

              Sacher                       Wimmer

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
DB 2016 S. 8 Nr. 1
NJW 2016 S. 6 Nr. 3
NJW 2016 S. 634 Nr. 9
WM 2016 S. 1503 Nr. 31
ZIP 2016 S. 531 Nr. 11
WAAAF-32451