Online-Nachricht - Mittwoch, 22.06.2011

Einkommensteuer | Berechnung einer Überentnahme in einem Verlustjahr (BFH)

Der BFH hat in einem aktuellen Urteil die Verwaltungsauffassung bestätigt, nach der in einem Verlustjahr die Überentnahme nicht höher als der Betrag anzusetzen ist, um den die Entnahmen die Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Schuldzinsen sind nach § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes (StBereinG) 1999 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen. Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden nach Satz 4 der Vorschrift (jetzt Satz 3) typisiert ermittelt mit 6 v.H. der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben.
Hierzu führt der BFH weiter aus: Da § 4 Abs. 4a EStG den Begriff "Gewinn" nicht eigenständig bestimmt, ist bei der Berechnung der Überentnahmen auf den einkommensteuerlichen Gewinn abzustellen. Der Gewinn ist dabei nicht im Hinblick auf Abschreibungen, Ansparrücklagen, Rückstellungen, Gewinnrücklagen, Rechnungsabgrenzungsposten oder Wertberichtigungen zu modifizieren. Mangels eigenständigen Gewinnbegriffs müssten grds. auch Verluste in die Berechnung der Überentnahmen einfließen. Nach Sinn und Zweck des Gesetzes ist aber in einem Verlustjahr die Überentnahme nicht höher als der Betrag anzusetzen, um den die Entnahmen die Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen (entsprechend Tz. 11 des NWB PAAAA-76827). Sinn und Zweck des § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 ist es, zu verhindern, dass Schuldzinsen für Darlehen als Betriebsausgaben geltend gemacht werden können, die zwar formal der betrieblichen Sphäre zuzuordnen sind, der Sache nach jedoch der Finanzierung von Entnahmen dienen. Deshalb dürfen betrieblich veranlasste Verluste den Schuldzinsenabzug nicht einschränken. Solange der Steuerpflichtige weniger entnimmt, als er zuvor durch Gewinne erwirtschaftet hat, greift die Vorschrift nicht ein. Dies bedeutet, dass Verluste rechnerisch nicht zu einer Erhöhung der Entnahmen führen dürfen. Anderenfalls würde die Differenzberechnung nach § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG i.d.F. des StBereinG 1999 beispielsweise in einem Verlustjahr, in dem weder Entnahmen noch Einlagen vorliegen, zu einer Überentnahme in Höhe des Verlustbetrags führen. Entsprechend dem Sinn und Zweck des Gesetzes muss vielmehr der Überschuss aller Entnahmen über alle Einlagen die Obergrenze für eine Überentnahme i.S. von § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG i.d.F. des StBereinG 1999 bilden; Verluste dürfen sich in der Berechnung demgegenüber nicht entnahmeerhöhend auswirken.
Quelle: BFH online
Anmerkung: Nach gut 12 Jahren scheinen die Probleme, die mit der Einführung des § 4 Abs. 4a EStG zur Begrenzung des Schuldzinsenabzugs entstanden waren, alle geklärt. Dem von Graf (DStR 2000, 1465, unter 4.2) propagierten sog. „umgekehrte Zweikontenmodell“ hat die Rechtsprechung schon 2005 die Grundlage entzogen (vgl. NWB QAAAB-71705). Lediglich die Berechnung der Überentnahmen in einem Verlustjahr bedurfte noch der Klärung durch die Rechtsprechung, die sich insoweit der Verwaltungsauffassung angeschlossen hat (vgl. NWB PAAAA-76827, Tz. 11).
 

 

 

Fundstelle(n):
NWB OAAAF-17363