Online-Nachricht - Mittwoch, 15.06.2011

Hamburg | Benachteiligung für Alleinerziehende mit Zweitwohnung GG-konform (BFH)

Die Stadt Hamburg darf nicht verheiratete Personen von einer Steuerbegünstigung für Zweitwohnungen im Hamburger Stadtgebiet, die verheiratete Paare begünstigt, ausschließen, ohne damit gegen das GG zu verstoßen (; veröffentlicht am ).

Dazu führt der BFH weiter aus: Es besteht keine "melderechtlichen Zwangslage", die einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG darstellen würde: Einen Verstoß gegen das GG hat das BVerfG deshalb alleine aus dem Umstand abgeleitet, dass nach § 12 Abs. 2 Satz 2 des Melderechtsrahmengesetzes (MRRG) Hauptwohnung eines verheirateten Einwohners, der nicht dauernd getrennt von seinem Ehegatten lebt, die vorwiegend benutzte Wohnung der Eheleute ist. Deshalb ist ein Ehegatte, dessen vorwiegend benutzte Wohnung i.S. des § 12 Abs. 1 Satz 1 MRRG bei ausschließlicher Betrachtung seiner Person diejenige am Beschäftigungsort ist, gezwungen, sich gleichwohl mit Hauptwohnsitz in der ehelichen Wohnung anzumelden (vgl. auch NWB FAAAD-29973). Eine Regelung, welche unter Anknüpfung an diese melderechtlichen Vorgaben generell die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer für Nebenwohnungen vorsieht, verstößt dementsprechend gegen Art. 6 Abs. 1 GG, weil es für Verheiratete ausgeschlossen ist, die Wohnung am Beschäftigungsort trotz deren vorwiegender Nutzung zum Hauptwohnsitz zu bestimmen und damit der Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer zu entgehen, während Personen, die nicht infolge einer ehelichen Bindung von der Verlegung ihres melderechtlichen Hauptwohnsitzes an ihren Beschäftigungsort abgehalten werden, einer steuerlichen Belastung durch Anmeldung ihres Hauptwohnsitzes am Beschäftigungsort entgehen können (NWB CAAAB-85264 - 1 BvR 1232/00, 1 BvR 2627/03).

Da auch die aus einer alleinerziehenden Mutter und ihrem Kind bestehende Gemeinschaft Art. 6 Abs. 1 GG unterfällt, kann sich die Klägerin auf den Schutz ihrer Familie berufen, in der ihr vor allem das Recht und die Pflicht zur Pflege und Erziehung ihres Kindes erwächst. Allerdings müssen die Auswirkungen familiärer Freiheit nach außen, insbesondere auf das Berufsleben, das Schulwesen, die Eigentumsordnung und das öffentliche Gemeinschaftsleben, mit der verfassungsgemäßen Rechtsordnung übereinstimmen (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 80, 81). Benachteiligungen, die nur in bestimmten Fällen als unbeabsichtigte Nebenfolge einer im Übrigen verfassungsgemäßen Regelung vorkommen, kann insoweit der Eingriffscharakter fehlen, solange sich die Maßnahmen nicht als wirtschaftlich einschneidend darstellen (vgl. BVerfG, Entscheidung v. - NWB AAAAC-31880).

Die Zweitwohnungsteuer greift am Ort der Zweitwohnung nicht in den grundrechtlich geschützten Bereich der Familie ein. Sie belastet zwar den Aufwand für das Innehaben einer nicht vorwiegend benutzten Wohnung eines erwerbsbedingt auswärts tätigen Elternteils, der vorwiegend in einer Erstwohnung bei seinem Kind wohnt; diese Besteuerung des für die Zweitwohnung getätigten Aufwands trifft aber weder typischerweise noch sonst in besonderer Weise Familien, sondern in grundsätzlich gleicher Weise alle Personen, die mehrere Wohnsitze innehaben, gleich aus welchem Grund sie den Zweitwohnsitz wählen (BVerfG, Beschluss in HFR 2010, 651).

Quelle: BFH online

 

Fundstelle(n):
NWB LAAAF-17312