Online-Nachricht - Mittwoch, 20.04.2011

Biersteuer | BVerfG prüft Auswirkung von Koch/Steinbrück-Papier im Steuerrecht (BFH)

Der BFH hat sich mit der Frage an das BVerfG gewandt, ob die Erhöhung der Biersteuer durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 in formell verfassungswidriger Weise zustande gekommen ist (; veröffentlicht am ).

Durch die Vorlage erhält das BVerfG erstmals die Gelegenheit, zur formellen Verfassungsmäßigkeit einer durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 geänderten steuerrechtlichen Vorschrift Stellung zu nehmen. Dabei kann es die Nichtigkeit der Norm feststellen oder eine zeitlich begrenzte Fortgeltung bis zu einer gesetzlichen Neuregelung anordnen, wie es dies beim Personenbeförderungsgesetz getan hat. Inzwischen hat der Gesetzgeber zum das Biersteuergesetz 1993 neu gefasst und dabei die durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 angehobenen Biersteuersätze unverändert gelassen.

Hinweis: Am wurde im Bundesgesetzblatt (BGBl I, S. 554) ein Gesetz verkündet, das die steuerlichen und einige verkehrsrechtliche Regelungen, die durch die sog. Koch-Steinbrück-Liste in das Gesetzgebungsverfahren des HBeglG 2004 eingeführt wurden und seit der Verabschiedung des HBeglG 2004 bis heute unverändert geblieben sind, durch eine inhaltsgleiche Neufassung bestätigt. Im Wege einer formell verfassungsgemäßen Bestätigung dieser Normen durch den Gesetzgeber wird insoweit Rechtssicherheit gewährleistet.

Im NWB MAAAD-54712  zur vorläufigen Steuerfestsetzung im Hinblick auf anhängige Musterverfahren wird bei den Fällen, in denen die Festsetzung von einer verfassungskonformen Auslegung einer Norm abhängt, unter Punkt 9 das verfassungsmäßige Zustandekommen des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 aufgeführt.

Anmerkung der NWB-Redaktion: Das BVerfG hat bekanntlich den Befugnissen des Vermittlungsausschusses dahin Grenzen gesetzt, dass dessen Beschlüsse nicht gleichsam originär Gesetzgebungsvorhaben zu ihrem Gegenstand machen dürften, die zuvor überhaupt nicht Gegenstand des („ordentlichen“) Gesetzgebungsverfahrens gewesen sind. Dass der Vermittlungsausschuss solches jedoch hinsichtlich des Haushaltbegleitgesetzes 2004 durch die weitgehende Umsetzung des sog. Koch-Steinbrück-Papiers getan hat, hat das BVerfG v. NWB KAAAD-45029 entschieden. Aber diese Entscheidung hat nur die Änderung des Personenbeförderungsgesetzes für (formell) verfassungswidrig (und gleichwohl vorübergehend anwendbar) erklärt. Dass die in dem gleichen beanstandeten Gesetzgebungsverfahren beschlossene Änderung des BierStG aus den gleichen Gründen für formell verfassungswidrig gehalten werden muss, liegt freilich nicht nur auf der Hand, sondern ist ein Gebot juristischer Logik.Aber kann diesen Schluss das Fachgericht ziehen oder ist selbst in diesem Fall allein dem BVerfG vorbehalten, ein vom Bundespräsidenten ausgefertigtes und ordnungsgemäß verkündetes Gesetz als verfassungswidrig zu verwerfen? So sieht es der BFH, was den von den Gerichten geschuldeten Respekt vor dem Gesetzgeber unterstreicht, dessentwegen wohl in Kauf genommen werden muss, dass das BVerfG substantiell nichts Neues zu entscheiden hat, insofern das jetzt neu angestrengte Normenkontrollverfahren also überflüssig erscheinen kann.


Immerhin bleibt vom BVerfG die weitere Frage zu entscheiden, ob auch die Änderung des BierStG trotz Verfassungswidrigkeit vorübergehend gelten soll, was freilich aus den beim PersBefG geltend gemachten Gründen nicht anders als dort wird angenommen werden müssen (so zweifelhaft solche Fortgeltungsanordnungen auch an sich sein mögen).

Quelle: BFH online, BFH Pressemitteilung 33/2011

 

Fundstelle(n):
NWB VAAAF-17018