Online-Nachricht - Dienstag, 05.04.2011

Einkommensteuer | Vermögensübertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge (EuGH)

Soweit das deutsche Einkommensteuerecht einem unbeschränkt Steuerpflichtigen erlaubt, wiederkehrende Leistungen, die im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung stehen, als Sonderausgaben abzuziehen, beschränkt Steuerpflichtigen einen solchen Abzug jedoch verwehrt, stellt dies eine unzulässige Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar (, Schröder gegen Finanzamt Hameln).

Sachverhalt: Herr Schröder ist deutscher Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Belgien, wo er als Arbeitnehmer tätig ist. Seine Mutter übertrug ihm und seinem Bruder im Wege der vorweggenommenen Erbfolge mehrere in Deutschland belegene Grundstücke. Die Nießbrauchsrechte der Mutter an den Grundstücken wurden im Streitjahr 2002 in eine Rentenverpflichtung umgewandelt. Im Streitjahr erzielte Herr Schröder in Deutschland Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Das Finanzamt legte diese Einkünfte dem an Herrn Schröder gerichteten Einkommensteuerbescheid zugrunde, weigerte sich jedoch, die gezahlte Rente als Sonderausgaben zu berücksichtigen.

Hierzu führte der EuGH weiter aus: Eine natürliche Person, die in Deutschland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, unterliegt nach § 49 EStG hinsichtlich ihrer Einkünfte aus der Vermietung von in Deutschland belegenen Immobilien dort der Einkommensteuer. Anders als ein gebietsansässiger Steuerpflichtiger kann ein gebietsfremder Steuerpflichtiger nach § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG 2002 von diesen Einkünften eine Rente, wie sie Herr Schröder im Wege der vorweggenommenen Erbfolge an seine Mutter zahlt, nicht als Sonderausgabe im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F. abziehen. Diese nur Gebietsfremde betreffende steuerliche Benachteiligung könnte diese davon abhalten, Immobilien in Deutschland zu erwerben oder zu behalten. Sie kann auch in Deutschland Ansässige davon abhalten, als Begünstigte einer vorweggenommenen Erbfolge Personen zu benennen, die in einem anderen Mitgliedstaat als der Bundesrepublik Deutschland wohnen. Solche Rechtsvorschriften stellen daher eine verbotene Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar (Art. 63 AEUV). Art. 63 AEUV ist daher dahin auszulegen, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats, die es einem gebietsansässigen Steuerpflichtigen erlaubt, die einem Elternteil, der ihm in diesem Staat belegene Immobilien übertragen hat, gezahlten Renten von Einkünften aus der Vermietung dieser Immobilien abzuziehen, gebietsfremden Steuerpflichtigen einen solchen Abzug jedoch nicht gewährt, entgegensteht, soweit die Verpflichtung zur Zahlung dieser Renten auf der Übertragung der Immobilien beruht.

Quelle: EuGH online

Hinweis: Durch das Jahressteuergesetz (JStG) 2008 ist das Rechtsinstitut der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen erheblich eingeschränkt worden (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Seither können also nur noch land- und forstwirtschaftliche Betriebe, (Teil-)Betriebe und Mitunternehmeranteile sowie Anteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), wenn mindestens eine 50%ige Beteiligung übertragen wird, gegen wiederkehrende Leistungen im Wege dieses Rechtsinstituts übertragen werden. Vor allem die Übertragung von Immobilien ist seither nicht mehr begünstig.

 

Fundstelle(n):
NWB TAAAF-16923