Online-Nachricht - Montag, 07.03.2011

Einkommensteuer | Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastungen (OFD)

Die OFD Münster hat ihre Verfügung zur Prüfung der sog. Erwerbsobliegenheit bei Unterhaltszahlungen aktualisiert ( akt. Kurzinfo ESt 2/2007).

Hintergrund: Unterhaltsaufwendungen sind nur dann als außergewöhnliche Belastungen steuerlich abziehbar, wenn die unterhaltene Person gegenüber dem Steuerpflichtigen gesetzlich unterhaltsberechtigt ist (§ 33a Abs. 1 EStG). Gesetzlich unterhaltsberechtigt sind die Personen, denen gegenüber der Steuerpflichtige nach dem Zivilrecht unterhaltsverpflichtet ist. Dies sind u.a. Verwandte in gerader Linie (Kinder, Enkel, Eltern). Allerdings setzt die Unterhaltsberechtigung insoweit zivilrechtlich die Unterhaltsbedürftigkeit der unterhaltenen Person voraus (§ 1602 BGB). Bei der Prüfung der Bedürftigkeit wird zivilrechtlich - außerhalb von Minderjährigkeit und Ausbildungsverhältnissen -  gefordert, dass die unterhaltene Person zunächst ihre Arbeitskraft einzusetzen muss (sog. Erwerbsobliegenheit).

Inlandsfälle: Der BFH hat 2006 entschieden (vgl. NWB IAAAC-03824), dass bei unbeschränkt steuerpflichtigen Personen, die dem Grunde nach gesetzlich unterhaltsberechtigt sind, die sog. Erwerbsobliegenheit nicht zu prüfen ist. Liegen die weiteren Voraussetzungen des § 33a Abs. 1 EStG vor, ist die Bedürftigkeit der unterstützten Person typisierend zu unterstellen (R 33a. 1 Abs. 1 Satz 4 EStR). Bei unbeschränkt steuerpflichtigen Personen wird die Abziehbarkeit der Unterhaltsaufwendungen innerhalb der Höchstbeträge des § 33a Abs. 1 EStG steuerrechtlich daher nur begrenzt durch die Berücksichtigung von eigenem Vermögen und die Anrechnung von eigenen Einkünften und Bezügen.

Auslandsfälle: Lebt die unterstützte Person im Ausland und befindet sie sich im erwerbsfähigen Alter, sind grds. keine Unterhaltsaufwendungen anzuerkennen ( NWB PAAAD-45075, Rz. 8). Nach Rz. 9 des o.g. BMF-Schreibens darf der Einsatz der eigenen Arbeitskraft jedoch nicht gefordert werden, wenn die unterhaltsberechtigte Person „aus gewichtigen Gründen” keiner oder nur in geringem Umfang einer Beschäftigung gegen Entgelt nachgehen kann. Als „gewichtige Gründe“ kommen beispielsweise Alter, Behinderung, schlechter Gesundheitszustand, die Erziehung oder Betreuung von Kindern unter 6 Jahren, die Pflege behinderter Angehöriger, ein ernsthaft und nachhaltig betriebenes Studium oder eine Berufsausbildung in Betracht. Eine Arbeitslosigkeit im Ausland erkennt die Finanzverwaltung demgegenüber grds. nicht als „gewichtigen Grund” an. Die Arbeitslosigkeit wird in dem (Az: NWB AAAAD-49286) zwar als Ausnahmetatbestand aufgeführt. Da es sich bei dieser Aussage aber nicht um einen Bestandteil des Leitsatzes handelt, wendet die Finanzverwaltung weiterhin die im o.g. BMF-Schreiben vertrete Auffassung an.

Besonderheiten für EU-/EWR-Raum: Lebt die unterstützte Person im EU-/EWR-Raum, hat aus europarechtlichen Gründen die Beurteilung bisher nach den gleichen Grundsätzen wie bei Inlandssachverhalten zu erfolgen. Die Erwerbsobliegenheit ist somit hier nicht zu prüfen. Dies gilt allerdings nur noch bis einschließlich VZ 2009. Ab 2010 ist auch in diesen Fällen die Erwerbsobliegenheit zu beachten (vgl. NWB PAAAD-45075, Rz. 35).

Neue Rechtsprechung: 2010 hat der BFH entschieden, dass bei Unterhaltszahlungen an Angehörige im Ausland eine Erwerbsobliegenheit grds. zu prüfen ist ( NWB AAAAD-49286 u. NWB YAAAD-52054). Eine Ausnahme macht der BFH nur bei im Ausland lebenden Ehegatten. Abweichend von Rz. 8 des o.g. BMF-Schreibens sei bei Ehegatten weder die Bedürftigkeit noch die Erwerbsobliegenheit zu prüfen. Da die Urteile inzwischen im Bundessteuerblatt veröffentlicht worden sind (BStBl 2011 II S. 115), wendet die Finanzverwaltung sie in allen offenen Fällen, in denen Personen im Ausland unterhalten werden, an.

Quelle: NWB Datenbank


 

Fundstelle(n):
NWB TAAAF-16748