Rückstellungen | Passivierungszeitpunkt einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung (FG)
Für Kosten, die dadurch entstehen, dass ein Betrieb auch in Zukunft weiter Leistungen erbringen möchte und daher im Hinblick auf zukünftige Jahre nachrüsten musste, darf keine Rückstellung gebildet werden. Ist eine ungewisse Verbindlichkeit wirtschaftlich eng mit künftigen Gewinnchancen verbunden, fehlt es an der wirtschaftlichen Verursachung in der Vergangenheit (, veröffentlicht am ; Revision zugelassen).
Dazu führt das FG weiter aus: Eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten kann zum Bilanzstichtag in Höhe von 2,4 Millionen EUR nicht gebildet werden. Für die Zuführung bzw. Bildung von Rückstellungen für Maßnahmen in Höhe von 600.000 EUR sind die Voraussetzungen zum gegeben.
Die Verpflichtungen waren, soweit sie auf die voraussichtlichen Aufwendungen in Höhe von 2,4 Mio EUR entfallen, noch nicht vor dem dem Grunde nach entstanden. Die Verpflichtung, die geforderten Nachrüstungen vorzunehmen, gilt regelmäßig erst nach einer Übergangsfrist. Bis zum Ablauf der Frist kann und darf das entsprechende Wirtschaftsgut in Betrieb bleiben.
Der für die Passivierung erforderliche wirtschaftliche Bezug der dem Grunde und der Höhe nach ungewissen Verbindlichkeiten zum Zeitraum vor dem ist nicht gegeben.
Der Vergangenheitsbezug setzt voraus, dass die wirtschaftlich wesentlichen Tatbestandsmerkmale für das Entstehen der Verbindlichkeit bereits am Bilanzstichtag erfüllt sind und das rechtliche Entstehen der Verbindlichkeit nur noch von wirtschaftlich unwesentlichen Tatbestandsmerkmalen abhängt (ständige Rechtsprechung, zuletzt vom - NWB FAAAD-40100).
Maßgeblich ist dabei die wirtschaftliche Wertung des Einzelfalles vor dem Hintergrund der rechtlichen Struktur des Tatbestands, mit dessen Erfüllung die Verbindlichkeit entsteht.
Eine Verpflichtung ist im Sinne des Rückstellungsbegriffs wirtschaftlich verursacht oder entstanden, wenn der Tatbestand, an den das Gesetz die Verpflichtung knüpft, im Wesentlichen verwirklicht ist (vgl. NWB LAAAA-94148, und vom - NWB EAAAA-89429. Die Berechtigung zur Bildung einer Rückstellung für eine ungewisse Verbindlichkeit setzt nach § 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB, § 5 Abs. 1 EStG voraus, dass es sich bei dem durch die Rückstellungsbildung verursachten Aufwand um Aufwendungen des Geschäftsjahres handelt. Ist Aufwand im laufenden Geschäftsjahr noch nicht realisiert, kommt seine Berücksichtigung deshalb nur dann in Betracht, wenn er auf andere Weise mit dem Gewinnermittlungszeitraum verknüpft ist. Dass hierfür die rechtliche Verursachung einer ungewissen Verbindlichkeit nicht ausreicht, zeigt das Verbot der Bilanzierung der Verpflichtungen aus schwebenden Geschäften. Insoweit steht dem für den Ausweis von Aktiva maßgeblichen Realisationsprinzip auch für die Passivseite ein Belastungsprinzip gegenüber, das die Verknüpfung zwischen einer zukünftigen, ihrer Höhe nach noch ungewissen Ausgabe und dem laufenden Geschäftsjahr herstellt. Der Bundesfinanzhof hat deshalb zu Recht formuliert, dass die ungewisse Verbindlichkeit nicht nur an Vergangenes anknüpfen, sondern auch Vergangenes abgelten muss ( NWB JAAAA-92987). Auch im bilanzrechtlichen Schrifttum wird vertreten, dass die Verpflichtung nicht nur an Vergangenes anknüpfen, sondern auch Vergangenes abgelten muss.
Hieran fehlt es im Streitfall hinsichtlich von Aufwendungen in Höhe von 2,4 Mio. Es entstanden die Kosten dadurch, dass die Klägerin auch in Zukunft weiter beabsichtigte, Leistungen zu erbringen und daher im Hinblick auf den Betrieb in zukünftigen Jahren nachrüsten musste. Die wesentliche Ursache für die mit den Nachrüstungen verbundenen Kosten liegt daher nicht im Betrieb in der Vergangenheit, sondern im dem Betrieb in der Zukunft. An der wirtschaftlichen Verursachung in der Vergangenheit fehlt es aber insbesondere dann, wenn eine ungewisse Verbindlichkeit wirtschaftlich eng mit den künftigen Gewinnchancen verbunden ist. Daher liegt eine wirtschaftliche Verursachung dieser Aufwendungen im streitigen Wirtschaftsjahr 2002 nicht vor. Die Revision wurde zugelassen.
Quelle: NRW justiz-online
Fundstelle(n):
EAAAF-16497