Online-Nachricht - Mittwoch, 24.11.2010

Verfahrensrecht | Bestandskraft bei fehlerhafter Umsetzung von EU-Richtlinien (BFH)

Der BFH hat klargestellt, dass Betreiber von Glücksspielautomaten nicht berechtigt sind, die Steuerfreiheit ihrer Umsätze nach der 6. EG-Richtlinie für Zeiträume geltend zu machen, für die bereits bestandskräftige Steuerbescheide ohne Vorbehalt der Nachprüfung vorliegen (; veröffentlicht am ).


Hintergrund: Das Urteil betrifft die früher geltende Rechtslage vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen aus dem Jahr 2006, nach der sich die Betreiber von Glücksspielautomaten gegen die nach nationalem Recht bestehende Steuerpflicht ihrer Leistungen unmittelbar auf eine Steuerfreiheit für Glücksspielumsätze nach der sog. Sechsten EG-Richtlinie (Art. 13 Teil B Buchst. f RL 77/388/EWG) berufen konnten, da Deutschland die Sechste EG-Richtlinie fehlerhaft umgesetzt hatte. Die Steuerfreiheit nach der Sechsten EG-Richtlinie ergab sich aus einem erst 2005 ergangenen Urteil des EuGH. Die betroffenen Unternehmer waren berechtigt, die sich aus diesem Urteil ergebende Steuerfreiheit auch rückwirkend für die Vergangenheit geltend zu machen ( NWB SAAAB-57804, Linneweber und Akritidis ).
Sachverhalt: In dem durch den BFH entschiedenen Streitfall ging es um die Frage, ob die sich aus der Sechsten EG-Richtlinie ergebende Steuerfreiheit rückwirkend auch für Besteuerungszeiträume beansprucht werden kann, für die bestandskräftige Steuerbescheide ohne Vorbehalt der Nachprüfung vorliegen.
Hierzu führte der BFH weiter aus: Die fehlerhafte Umsetzung der Sechsten EG-Richtlinie im nationalen Recht kann nur im Rahmen der allgemeinen Rechtsbehelfs- und Korrekturvorschriften für Steuerbescheide, wie sie nach der Abgabenordnung vorgesehen sind, geltend gemacht werden. Dies ergibt sich aus der entsprechenden Rechtsprechung des EuGH. Danach kommt es nur darauf an, dass die fehlerhafte Umsetzung des Unionsrechts unter denselben Bedingungen gerügt werden kann, wie eine sich aus dem nationalen Recht ergebende Rechtswidrigkeit (vgl. EuGH-Entscheidung v. - NWB QAAAC-43261, Kühne & Heitz, unter Rdnr. 24; I-21). Da für bestandskräftige Steuerbescheide, die nicht unter Vorbehalt der Nachprüfung stehen, nach nationalem Recht keine Korrekturmöglichkeit zur Behebung bloßer Rechtsfehler besteht, konnte die Klägerin die aus dem EU-Recht folgende Steuerfreiheit aus verfahrensrechtlichen Gründen im Streitfall nicht mehr geltend machen.
Quelle: BFH online

 

Fundstelle(n):
NWB YAAAF-16152