Online-Nachricht - Dienstag, 01.06.2010

Einkommensteuer | Besteuerung einer Verdienstausfallsentschädigung (FG)

Das FG Baden-Württemberg hat entschieden, dass eine Verdienstausfallsentschädigung, die von einer Versicherung an einen Beamten gezahlt wird, nicht in den Anwendungsbereich des § 3 Nr. 9 oder Nr. 10 EStG a.F. fällt und mithin steuerpflichtig ist ().

Hintergrund: Die Vorschrift des § 3 Nr. 9 EStG, die durch das Gesetz zum Einstieg in ein steuerliches Sofortprogramm vom (BGBl 2005 I S. 3682) mit Wirkung vom Veranlagungszeitraum (VZ) 2006 an aufgehoben wurde, sah vor, dass Abfindungen wegen einer vom Arbeitgeber veranlassten oder gerichtlich ausgesprochenen Auflösung des Dienstverhältnisses bis zu bestimmten Höchstbeträgen steuerfrei sind.
Sachverhalt: Die Klägerin war als Beamtin beschäftigt. Ihr Arbeitgeber versetzte sie aufgrund einer Erkrankung in den Ruhestand. Die Erkrankung ist auf einen Verkehrsunfall zurückzuführen, in dem die Klägerin geschädigt wurde. Ihr Arbeitgeber zahlte der Klägerin im Zusammenhang mit der Versetzung in den Ruhestand keine Abfindung. Mit der Versicherung des Schädigers vereinbarte die Klägerin u.a. eine einmalige Abfindung des Verdienstausfallschadens. Bei der Einkommensteuerfestsetzung berücksichtigte das Finanzamt diese Versicherungsleistung bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und besteuerte sie tarifbegünstigt. Gegen den Einkommensteuerbescheid 2004 erhob die Klägerin Einspruch und machte geltend, dass sie die Entschädigung aufgrund der Auflösung eines Dienstverhältnisses erhalten habe und deshalb nach § 3 Nr. 9 EStG noch ein Freibetrag in Höhe von 7.200 EUR zu gewähren sei.
Hierzu führte das Gericht weiter aus: Die Klägerin ist Beamtin im Ruhestand. Als Beamtin fällt sie grds. nicht in den Anwendungsbereich des § 3 Nr. 9 EStG. Diese Vorschrift umfasst zwar alle Bezieher von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, ausgenommen davon sind jedoch Beamte, Richter und Soldaten. Erhält ein Beamter im Zusammenhang mit seiner Entlassung aus dem Dienstverhältnis finanzielle Leistungen, so ist ihre Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 10 EStG zu beurteilen. § 3 Nr. 10 EStG ist im Streitfall aber schon dem Wortlaut nach nicht anwendbar. Nach der im Streitjahr geltenden Fassung der Norm sind Übergangsgelder und Übergangsbeihilfen auf Grund gesetzlicher Vorschriften wegen Entlassung aus einem Dienstverhältnis bis zu einem Betrag von 10.800 EUR steuerfrei. Die Klägerin hat von einem Versicherer eine Schadensersatzleistung erhalten. Diese Leistung ist kein Übergangsgeld und keine Übergangsbeihilfe, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften gezahlt wird. Selbst wenn man zur Vermeidung gleichheitswidriger Begünstigungen die §§ 3 Nr. 9 und 10 EStG in der Weise auslegen wollte, dass der Anwendungsbereich des § 3 Nr. 9 EStG für Beamte in den Fällen eröffnet sein soll, in denen eine Leistung nicht von § 3 Nr. 10 EStG erfasst wird, aber nach dem Wortlaut des § 3 Nr. 9 EStG bei dieser Vorschrift zu berücksichtigen sein könnte, scheidet eine steuerliche Privilegierung der Zahlung des Versicherers aus. Nach der Entstehungsgeschichte der Norm können Schadensersatzleistungen Dritter, hier der Versicherung eines Unfallverursachers, nicht nach § 3 Nr. 9 EStG von der Steuer befreit werden. Für die Anwendung des § 3 Nr. 9 EStG ist ein unmittelbarer Zusammenhang der Zahlung mit dem aufgelösten Dienstverhältnis erforderlich. Der einfache Kausalzusammenhang genügt nicht ( NWB FAAAA-94484). Zwar ist im Streitfall ein Kausalzusammenhang zwischen der Schadensersatzleistung des Versicherers und dem aufgelösten Dienstverhältnis zu bejahen. Der darüber hinaus geforderte unmittelbare Zusammenhang der Schadensersatzleistung mit dem aufgelösten Dienstverhältnis fehlt aber. Die Schadensersatzleistung ist nicht Ausfluss des Dienstverhältnisses.
Quelle: NWB-Datenbank
Hinweis: Der Ersatz für entgehenden Arbeitslohn zählt grds. zu den steuerbaren Einkünften (§ 24 EStG). Dies gilt jedoch nicht für Schadenersatzrenten zum Ausgleich vermehrter Bedürfnisse (sog. Mehrbedarfsrenten § 843 Abs. 1 zweite Alt. BGB), diese werden nach der Rechtsprechung des BFH im Bereich der privaten Vermögenssphäre geleistet und sind somit weder als Leibrenten, noch als sonstige wiederkehrende Bezüge nach § 22 Nr. 1 EStG steuerbar ( NWB JAAAA-95096). Die Grundsätze dieses Urteils sind nach dem (NWB HAAAD-25950) auch auf die Zahlung von Schmerzensgeldrenten nach § 253 Abs. 2 BGB (früher: § 847 BGB) anzuwenden.
 

 

Fundstelle(n):
NWB SAAAF-15049