Umsatzsteuer | Steuerfreie Leistungen durch Musiker (BFH)
Der BFH hat entschieden, dass auch einzelne Musiker umsatzsteuerfreie Leistungen erbringen können (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Nach dem Umsatzsteuergesetz (§ 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2) sind nicht nur die Leistungen der Orchester, die von öffentlich-rechtlichen Trägern unterhalten werden, sondern auch die musikalischen Leistungen der privaten Orchester umsatzsteuerfrei. Für private Orchester gilt dies aber nur, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass das private Orchester die gleichen kulturellen Aufgaben wie ein Orchester einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft erfüllt.
Sachverhalt: Der Kläger ist Schlagzeuger sowie alleiniger Inhaber, Betreiber und Leiter eines Orchesters. Nach einer Bescheinigung der Bezirksregierung erfüllte das Orchester die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG 1999 (UStG) genannten staatlichen und kommunalen Einrichtungen. Der Kläger nahm für die Orchesterleistungen seit 1999 die o.g. Steuerbefreiung in Anspruch. Zur Durchführung von Konzerten, sonstigen Veranstaltungen und Tourneen sowie für die Herstellung von Tonträgeraufnahmen verpflichtete der Kläger jeweils geeignete Musiker aus dem In- und Ausland. Der Kläger sah die Musiker als freiberufliche Mitarbeiter an und erstellte für deren Leistungen Gutschriften. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Kläger für die von ausländischen Musikern bezogenen Leistungen Steuerschuldner nach § 13b Abs. 1 Nr. 1 UStG sei.
Dazu führt der BFH weiter aus: Die Orchestermusiker erbrachten gegenüber dem Orchester des Klägers kulturelle Dienstleistungen im Bereich der Orchestermusik. Da es sich bei den Leistungen der Orchester nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 1 UStG um kulturelle Dienstleistungen handelt und nach der Rechtsprechung des EuGH eine unterschiedliche umsatzsteuerliche Behandlung von Solisten und kulturellen Gruppen nicht zu rechtfertigen ist, sind auch die Leistungen einzelner Orchestermusiker gegenüber ihrem Orchester als kulturelle Dienstleistung anzusehen (vgl. NWB GAAAB-72579). Soweit der Senat bisher davon ausgegangen ist, dass die durch Einzelmusiker erbrachten Leistungen zwingend steuerpflichtig sind ( NWB CAAAA-88650), hält er hieran nicht fest. Die einzelnen Orchestermusiker verfügten im Streitfall über die nach der 6. EG-RL erforderliche Anerkennung. Leistungen einzelner Musiker sind auch dann steuerfrei, wenn Bescheinigungen nur für Teile ihrer Tätigkeit - hier die Mitwirkung im Orchester des Klägers - vorliegen. Sie können daher als Teil des Orchesters, für das die erforderliche Bescheinigung vorliegt, steuerfreie Leistungen gegenüber dem Orchester erbringen, während ihre Leistungen bei anderen Auftritten steuerpflichtig sein können.
Anmerkung: Sofern das Gemeinschaftsrecht eine Umsatzsteuerbefreiung gewährt, das deutsche Umsatzsteuerrecht dagegen nicht, besteht faktisch ein Steuerbefreiungswahlrecht. Im Streitfall war das Orchester nach § 4 Nr. 20 UStG befreit, weil es über die dafür erforderliche Bescheinigung verfügte. Den Einzelmusikern, die als Selbständige für das Orchester spielen, enthält § 4 Nr. 20 UStG die Steuerbefreiung jedoch vor. Sie können sich – jedenfalls dann, wenn sie ebenfalls die erforderliche Bescheinigung erhalten – aber unmittelbar auf die Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n der Richtlinie 77/388/EWG (inzwischen Art. 132 Abs. 1 Buchst. n MwStSystRL) berufen. Ob bereits die Bescheinigung des Orchesters ihre Tätigkeit mitumfasst, ließ der BFH offen. Im Streitfall wurde die Bescheinigung nachträglich beschafft und wirkte als Grundlagenbescheid steuerlich zurück.
Quelle: BFH online
Fundstelle(n):
FAAAF-14803