Online-Nachricht - Mittwoch, 31.03.2010

Besteuerung der Altersrenten | Anwendung der sog. Öffnungsklausel (BFH)

Im Unterschied zur Auffassung der Finanzverwaltung ( BStBl 2008 I S. 390, Rz 137) kommt es bei der Anwendung der sog. Öffnungsklausel nicht darauf an, in welchen Jahren die Zahlungen erfolgt sind; entscheidend ist vielmehr, für welche Jahre die Beiträge geleistet wurden (; veröffentlicht am ).


Sachverhalt: Der Kläger, ein selbständig tätiger Wirtschaftsprüfer, der seit 1996 eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht, hatte geltend gemacht, dass die gleiche Besteuerung seiner Altersrenten im Vergleich zur Besteuerung einer Altersrente eines früheren angestellten Rentners gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße, da seine früher geleisteten Altersvorsorgeaufwendungen steuerlich stärker belastet gewesen seien. Zudem verletze ihn die Neuregelung in seinem Vertrauen auf den Fortbestand der bisherigen Ertragsanteilsbesteuerung seiner Altersrente; er habe als sog. Bestandsrentner keine Chance gehabt, sich auf die neue Rechtslage einzustellen.
Hintergrund: Nach der sog. Öffnungsklausel unterliegen auf Antrag auch Leibrenten i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG der Besteuerung mit dem Ertragsanteil, soweit die Leibrenten auf bis zum geleisteten Beiträgen beruhen, welche oberhalb des Betrags des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wurden. Der Steuerpflichtige muss nachweisen, dass der Betrag des Höchstbeitrags mindestens zehn Jahre überschritten wurde (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG).
Hierzu führt der BFH weiter aus: Der Kläger hat einen Nachweis, dass der Betrag des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung mindestens zehn Jahre überschritten wurde erbracht. Zwar ist ausweislich der Bescheinigung der Deutschen Rentenversicherung der Betrag des Höchstbeitrags lediglich in fünf Jahren überschritten worden. Zusätzlich muss aber auch die freiwillige (Nach-)Zahlung von Beiträgen berücksichtigt werden. Bei der Anwendung der Öffnungsklausel kommt es nicht allein darauf an, in welchem Jahr die Beiträge gezahlt wurden, sondern auch darauf, für welche Jahre die Beiträge geleistet wurden. Der Sinn und Zweck der sog. Öffnungsklausel gebietet nicht die Geltung des sog. In-Prinzips. Für die Beantwortung der Frage, ob der Betrag des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung mehr als zehn Jahre überschritten worden ist, ist es nicht sachgerecht, lediglich auf das Jahr der Zahlung der Beiträge abzustellen. Es handelt sich hier nicht um das Problem, in welchem Jahr Altersvorsorgeaufwendungen abgezogen werden können, sondern um die Vermeidung einer möglichen verfassungswidrigen Doppelbesteuerung, die dadurch entsteht, dass ein Steuerpflichtiger eine Altersrente als Einnahme versteuern muss, obwohl er die von ihm getragenen Beiträge, aufgrund derer er die Rente erhält, gerade wegen deren Höhe nicht bzw. nur eingeschränkt als Sonderausgaben abziehen durfte. Sind rentenrechtlich Nachzahlungen für einzelne Jahre möglich, sind diese im Rahmen der Öffnungsklausel auch steuerlich zu berücksichtigen. Rechtsfolge der Öffnungsklausel ist die anteilige Ertragsanteilsbesteuerung (so auch BMF, Schreiben, NWB KAAAC-70758, Rz 133 f. ); darüber hinaus ist eine Anwendung der Ertragsanteilsbesteuerung nicht gerechtfertigt.
Anmerkung: Der BFH hat mit dem o.g. Urteil auch seine bisherige Rechtsprechung bestätigt und entschieden, dass die Umstellung der Besteuerung der Alterseinkünfte auf das System der nachgelagerten Besteuerung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Bei dem Alterseinkünftegesetz handele es sich um die Regelung komplexer Lebenssachverhalte, bei denen dem Gesetzgeber gröbere Typisierungen und Generalisierungen zugestanden werden müssten, so dass die Besteuerung der Renteneinkünfte eines (vormals) Selbständigen im Rahmen der Übergangsregelung verfassungsrechtlich unbedenklich sei, sofern - wie im Streitfall - nicht gegen das Verbot der Doppelbesteuerung verstoßen werde.
Quelle: BFH online
 

 


 

Fundstelle(n):
NWB ZAAAF-14604