Online-Nachricht - Mittwoch, 17.03.2010

Bilanzierung | Abzinsungspflicht für Gesellschafterdarlehen und Rückstellungen (BFH)

Unverzinsliche Gesellschafterdarlehen müssen abgezinst werden, wenn sie zwar keine feste Laufzeit haben, die Darlehensnehmerin aber am Bilanzstichtag mit einer Fortdauer der Kapitalüberlassung für mindestens weitere zwölf Monate rechnen kann (; veröffentlicht am ).


Auch die Zweckbindung des Darlehens begründet keine Verzinslichkeit i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG mit der die Abzinsungspflicht entfallen würde.

Eine Verbindlichkeitsrückstellung ist ebenfalls mit 5,5 % abzuzinsen, wenn sie aus der Sicht des Bilanzstichtags voraussichtlich mindestens zwölf Monate Bestand haben wird.

Sachverhalt: Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH. Drei ihrer vier Gesellschafter hatten ihr vor längerer Zeit Darlehen gewährt. Diese sollten ursprünglich bis zum Eintritt der Klägerin in die Gewinnzone zinslos sein; im Jahr 1988 waren die Verträge dahin umgestaltet worden, dass ca. 50 % der Summe verzinslich und der verbleibende Rest zins- und tilgungsfrei gewährt wurden. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) weist der Geschäftsbericht der Klägerin für das Wirtschaftsjahr 2005 die Darlehensverpflichtungen als Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als fünf Jahren aus. Das FA zinste die in der Bilanz zum ausgewiesenen Gesellschafterdarlehen mit 5,5 % ab, § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1997. Da die Laufzeit unbestimmt sei, müsse dies in Anlehnung an § 13 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes mit dem Faktor 9,3 erfolgen. Außerdem hatte die Klägerin, von deren Unternehmen störende Geräusche ausgehen, eine Rückstellung für Lärmschutzvorrichtungen bei den Bewohnern im Umkreis ihres Unternehmens gebildet. Auch diese Rückstellung zinste das FA ab.

Dazu führt das Gericht weiter aus: Nach der Rechtsprechung des Senats gilt § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG 1997 auch für Verbindlichkeiten aus Darlehen, die eine Kapitalgesellschaft von ihrem Gesellschafter erhalten hat (Senatsbeschluss vom NWB WAAAD-33322). Die Einwendungen der Klägerin geben keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzurücken. Denn zum einen enthält der Gesetzeswortlaut keine Einschränkung im Hinblick auf Gesellschafterdarlehen. Zum anderen ist eine Sonderbehandlung solcher Darlehen auch nicht durch den Blick auf den Gesetzeszweck veranlasst: Die Abzinsung beruht auf der typisierenden Vorstellung, dass eine erst in der Zukunft zu erfüllende Verpflichtung den Schuldner weniger belastet als eine sofortige Leistungspflicht, und diese Überlegung gilt für Gesellschafterdarlehen nicht anders als für sonstige Darlehensverhältnisse. Angesichts dessen kann insbesondere nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber es gleichsam versehentlich unterlassen hätte, im Hinblick auf Gesellschafterdarlehen eine Ausnahmeregelung zu schaffen. Das schließt die von der Klägerin angestrebte teleologische Reduktion des § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG 1997 aus.

Rückstellung für Schallschutzmaßnahmen


Nach der genannten Vorschrift (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG 1997) sind Rückstellungen für Verpflichtungen mit 5,5 v.H. abzuzinsen, wobei § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG 1997 entsprechend anzuwenden ist. Das bedeutet, dass eine Abzinsung unterbleibt, wenn die Rückstellung aus der Sicht des Bilanzstichtags voraussichtlich für weniger als zwölf Monate Bestand haben wird.

Nach den Feststellungen des FG betrafen die streitigen Rückstellungen künftigen Aufwand für Schallschutzmaßnahmen, deren Finanzierung die Klägerin den Anwohnern eines bestimmten Gebiets angeboten hatte. Der Ablauf der Finanzierungsmaßnahme vollzog sich in der Weise, dass zunächst ein Antrag des Anwohners vorliegen musste und die Klägerin nach Prüfung dieses Antrags die notwendigen Maßnahmen ermittelte. Sodann durfte der betreffende Anwohner zwei Angebote von Fachfirmen einholen, woraufhin die Klägerin mit ihm einen Vertrag über die Durchführung der Maßnahme und die Höhe des Erstattungsbetrags schloss; an diesen Vertrag war sie anschließend für zwölf Monate gebunden. Weiter ist dem angefochtenen Urteil zu entnehmen, dass die vom FA vorgenommene Abzinsung sich ausschließlich auf Maßnahmen bezieht, für die einerseits am Bilanzstichtag des Streitjahres eine Rückstellung gebildet worden war und die andererseits bis zum Ende des Folgejahres nicht abgewickelt worden waren. Diese Feststellungen greift die Revision nicht an; sie sind deshalb revisionsrechtlich bindend.

Quelle: BFH online

Anmerkung der NWB-Redaktion: Zur Abzinsung von Gesellschafterdarlehen hat der BFH seine Rechtsprechung (BFH, Beschl. v. NWB WAAAD-33322) erwartungsgemäß bestätigt. Die Gestaltungspraxis muss sich darauf einrichten, dass unverzinsliche Gesellschafterdarlehen (jedenfalls temporär) zu erheblichen Gewinnerhöhungen führen, wenn keine Laufzeit vereinbart wird und die Darlehen ein Jahr und länger zur Verfügung stehen. Wie im Streitfall, droht dann die Annahme einer unbestimmten Laufzeit, so dass der jährliche Zinsvorteil von 5,5 % gem. § 13 Abs. 2 BewG mit 9,3 zu multiplizieren ist. Zu prüfen ist u.a., ob dermaßen durch anderweitige Einschätzung der Rechtslage verunglückte Fälle im Einzelfall dadurch abgemildert werden können, dass ex nunc eine (geringe) Verzinsung vereinbart wird und der noch nicht aufgeholte Teil der Abzinsung sodann gewinnmindernd aufgelöst werden kann.

 

Fundstelle(n):
NWB OAAAF-14476