Online-Nachricht - Montag, 01.03.2010

Einkommensteuer | Erstattung geleisteter Vorauszahlungen bei Festsetzungsverjährung (FG)

Darf die Jahressteuerschuld nicht mehr festgesetzt werden, fällt die Vorauszahlungsschuld ebenfalls weg. Der Rechtsgrund für die geleisteten Vorauszahlungen entfällt daher durch den Ablauf der Festsetzungsfrist ().

Sachverhalt: Die Kläger leisteten aufgrund eines Vorauszahlungsbescheides für das Streitjahr Vorauszahlungen zur Einkommensteuer. Noch vor Ablauf der Festsetzungsfrist erließ das Finanzamt einen Jahressteuerbescheid unter Ansatz geschätzter Besteuerungsgrundlagen, der den Klägern jedoch nicht bzw. nicht wirksam bekannt gegeben wurde. Das Finanzamt konnte eine wirksame Bekanntgabe jedenfalls nicht nachweisen. Die Erstattung der Vorauszahlungen lehnte das Finanzamt u.a. mit der Begründung ab, dass es sich bei einem Vorauszahlungsbescheid um eine eigenständige Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 Satz 2 AO) handele. Dieser Vorbehalt entfalle mit Ablauf der Festsetzungsfrist (§ 164 Abs. 4 Satz 1 AO). Daraus folge, dass der Vorauszahlungsbescheid endgültig seine Wirkung behalte, wenn der Erlass eines Jahressteuerbescheides wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist unmöglich werde. Die Vorauszahlungen seien daher nicht rechtsgrundlos geleistet worden und die Kläger verfügten nicht über einen Erstattungsanspruch.

Hierzu führt das Gericht weiter aus: Bis zur Festsetzung der Einkommensteuer im Veranlagungsverfahren bilden die Vorauszahlungsbescheide den Rechtsgrund für das Behaltendürfen geleisteter Vorauszahlungen. Da im Streitfall der Anspruch auf Einkommensteuer durch Festsetzungsverjährung erloschen ist (§ 47 Abs. 2 AO), also Steuern für das Kalenderjahr nicht mehr geschuldet werden, hat sich der Regelungsgehalt der Vorauszahlungsbescheide jedoch erledigt. Das ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des Vorauszahlungsverfahrens. So erledigt sich ein Verwaltungsakt, wenn er seine regelnde Wirkung verliert und funktionslos wird. Ein Einkommensteuervorauszahlungsbescheid verpflichtet den Steuerpflichtigen zur Entrichtung von Vorauszahlungen zur Einkommensteuer und begründet für die Finanzbehörde das Recht zur Einbehaltung geleisteter Vorauszahlungen bis zu deren Anrechnung auf die Einkommensteuer gemäß § 36 Abs. 2 EStG. Die Einkommensteuervorauszahlung ist keine eigenständige Vorauszahlungssteuer. Die Vorauszahlungsbescheide sind daher in der Dauer ihrer Regelungswirkung bis zum Zeitpunkt der endgültigen Steuerfestsetzung begrenzt. Ergeht der Einkommensteuerbescheid (§ 36 Abs.1 EStG, § 155 Abs.1 Satz 1, § 124 Abs.1 Satz 1 AO), erledigt sich der Vorauszahlungsbescheid „auf andere Weise” i.S. des § 124 Abs. 2 AO (NWB SAAAA-95362 m.w.N.). Nämliches muss gelten, wenn eine Steuer wegen Festsetzungsverjährung nicht mehr festgesetzt werden kann, aber endgültig feststeht, dass diese in Höhe der festgesetzten Vorauszahlungen nicht geschuldet wird.

Anmerkung: Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Quelle: NWB-Datenbank

 

Fundstelle(n):
NWB TAAAF-14363