Online-Nachricht - Mittwoch, 27.01.2010

Abgabenordnung | Rückforderung berichtigter Vorsteuer gegenüber dem Zessionar (BFH)

Hat der Unternehmer einen Umsatzsteuervergütungsanspruch abgetreten und das Finanzamt den Vergütungsbetrag an den Zessionar ausgezahlt, entsteht ein Rückzahlungsanspruch gegen den Zessionar, wenn und soweit der Vergütungsanspruch auf einem später gemäß § 17 UStG berichtigten Vorsteuerabzug beruhte (; veröffentlicht am ).

Hat der Unternehmer einen Umsatzsteuervergütungsanspruch abgetreten und das Finanzamt den Vergütungsbetrag an den Zessionar ausgezahlt, entsteht ein Rückzahlungsanspruch gegen den Zessionar, wenn und soweit der Vergütungsanspruch auf einem später gemäß § 17 UStG berichtigten Vorsteuerabzug beruhte (BFH, Urteil v. 27.10.2009 - VII R 4/08; veröffentlicht am 27.1.2010).

Sachverhalt: Die Klägerin führte im Jahr 2004 steuerpflichtige Lieferungen und sonstige Leistungen an eine GmbH & Co. KG (KG) aus. Die daraus entstandenen Vorsteuervergütungsansprüche trat die KG teilweise an die Klägerin ab. Im Rahmen einer Umsatzsteuerprüfung bei der KG stellte das Finanzamt fest, dass die KG gegenüber der Klägerin noch Verbindlichkeiten aus nicht bezahlten Eingangsrechnungen hatte. Im April 2005 wurde die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der KG angeordnet. Das Finanzamt sah die offenen Forderungen der Klägerin damit als uneinbringlich an. Mit Bescheid vom Mai 2005 machte es den von der KG bereits in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug im Rahmen der Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für April 2005 rückgängig. Mit Bescheid vom Juli 2005 forderte das FA von der Klägerin die verrechneten bzw. vergüteten Beträge zurück. Mit der Vorsteuerberichtigung bei der KG sei der Rechtsgrund für die aufgrund der Abtretungsanzeigen vorgenommenen Verrechnungen mit eigenen Umsatzsteuerschulden der Klägerin entfallen.
Hintergrund: Ist eine Steuervergütung ohne rechtlichen Grund gezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung später wegfällt (§ 37 Abs. 2 AO). Grundlage für die Auszahlung bzw. Verrechnung von Steuererstattungen und -vergütungen sind regelmäßig die der Leistung zugrunde liegenden Steuerbescheide (§ 218 Abs. 1 AO). Der Rechtsgrund für die Auszahlung oder Verrechnung von Umsatzsteuererstattungen an einen Zessionar sind die sich aus den Umsatzsteuervoranmeldungen ergebenden, abgetretenen Vergütungsansprüche. Die Voranmeldung steht nach der - in der Auszahlung oder Verrechnung liegenden - Zustimmung durch das FA einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§§ 168 i.V. mit 164 Abs. 1 AO).
Dazu führt der BFH weiter aus: Der Zessionar der vormaligen Umsatzsteuervergütung kann sich nicht darauf berufen, dass die Berichtigung ex nunc nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 i.V. mit § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG 1999 (bzw. § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG 2005) die Wirksamkeit der vormaligen Festsetzung der Umsatzsteuervergütung nicht berührt. Denn im Rahmen des Schuldverhältnisses zwischen dem Finanzamt und dem Zessionar, das durch die Leistung auf einen abgetretenen Umsatzsteuervergütungsanspruch begründet worden ist, spielen die Besonderheiten des materiellen Umsatzsteuerrechts keine Rolle. Bei Berichtigung der Vorsteuer gegenüber dem Steuerpflichtigen tritt im Rechtsverhältnis des Finanzamts zu einem Zessionar die auflösende Bedingung ein, die der auf dem Vorsteuerabzug beruhenden Steuervergütung von Anfang an anhaftete, so dass der Berichtigung gegenüber dem Zessionar die Wirkung einer Erledigung der vormaligen Umsatzsteuervergütung „auf andere Weise“ i.S. des § 124 Abs. 2 AO innewohnt.
Anmerkung: Das Umsatzsteuergesetz hält einen besondere Mechanismus bereit, um Vorsteuerabzüge rückabzuwickeln, die sich nachträglich als unberechtigt erweisen (etwa weil die Leistungsbeziehung wegen Uneinbringlichkeit des Entgelts nicht durchgeführt werden kann). Das ist der Sinn des § 17  Abs. 2 UStG. Dieser Mechanismus verdrängt die sonst fällige Korrektur der Steuerfestsetzung gemäß § 175 Abs. 2 AO. Er unterscheidet sich hiervon fundamental dadurch, dass die Korrektur nicht an dem ursprünglichen, "fehlerhaften" Umsatzsteuerbescheid vorgenommen wird, sondern an einem anderen Bescheid, der für einen anderen Veranlagungszeitraum ergeht. Gleichwohl ist der VII. Senat des BFH der Auffassung, bei Dreiecksverhältnissen (Abtretung des Vergütungsanspruchs) seien diese Fälle nicht anders zu behandeln, als wenn § 175 Abs. 2 AO anwendbar wäre. Die vergütete Steuer sei also vom Zessionar zurückzufordern. Dies begründet der Senat im vorliegenden Fall u.a. damit, dass die Steuervergütung von Anfang an unter der auflösenden Bedingung steht, dass es bei ihr bleibt und nicht ein Fall des § 17 Abs. 2 UStG eintritt.
Hinweis: Der BFH stellte mit der oben genannten Entscheidung auch klar, dass der Rückzahlungsanspruch die Feststellung voraussetzt, dass die Ereignisse, die gemäß § 17 UStG die Vorsteuerberichtigung erfordern, diejenigen Umsätze betreffen, auf deren Besteuerung der abgetretene Vergütungsanspruch beruhte. Verbleibt nach Abzug der berichtigten Vorsteuern in dem von der Zession betroffenen Voranmeldungszeitraum noch ein negativer Umsatzsteuerbetrag, so ist die Rückforderung in Höhe dieses Restbetrags nicht gerechtfertigt (Fortentwicklung der Rechtsprechung). Das Finanzamt muss also den Nachweis führen, dass der an den Zessionär ausgezahlte Betrag ausschließlich auf den berichtigten Vorsteuern beruht. Bleibt aber nach Berichtigung des Vorsteuerabzugs immer noch ein negativer Betrag an Umsatzsteuer, ist der Rechtsgrund für die Zahlung insoweit nicht weggefallen. Es wird nämlich nicht ein bestimmter Vorsteuerbetrag abgetreten, sondern ein Erstattungsbetrag, der sich aus der Differenz zwischen der Umsatzsteuer aus Lieferungen und Leistungen und den Vorsteuern ergibt. Nur soweit der Vergütungsanspruch ganz wegfällt, kommt eine volle Rückforderung beim Zessionär in Betracht. Das führt, wie die Besprechungsentscheidung zeigt, mitunter zu schwierigen Ermittlungen, die eine Umsatzsteuersonderprüfung erforderlich machen.
Quelle: BFH online
 


 

Fundstelle(n):
NWB JAAAF-14109