LSt-Pauschalierung | Verrechnung von Fahrtkostenzuschüssen mit Weihnachtsgeld möglich (BFH)
Anders als die Finanzverwaltung meint, kann ein Zuschuss zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn i.S. des § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG auch unter Anrechnung auf andere freiwillige Sonderzahlungen, wie z. B. Weihnachtsgeld, geleistet werden. Der Begriff des "geschuldeten Arbeitslohns" bestimmt sich insofern ausschließlich nach Maßstäben des Arbeitsrechts (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: R 3.33 Abs. 5 NWB FAAAC-63931 bestimmt im Zusammenhang mit steuerfreien Arbeitgeberzuschüssen zur Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern, dass die Zuschüsse zusätzlich zum Arbeitslohn gezahlt werden müssen. Satz 6 legt ausdrücklich fest, dass eine zusätzliche Leistung auch dann nicht vorliegt, wenn sie unter Anrechnung auf eine freiwillige Sonderzahlung, z. B. Weihnachtsgeld, erbracht wird.
Sachverhalt: Die Arbeitnehmer der Klägerin hatten unter der Bezeichnung „Fahrtkostenzuschuss“ jährlich im November Zahlungen erhalten, welche die Klägerin der Lohnsteuerpauschalierung nach § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG unterworfen hatte. Unter der Bezeichnung „Fahrtkostenzuschuss“ wurde jeweils der nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und Abs. 2 EStG als Werbungskosten abzugsfähige Betrag für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Jahresbetrag) errechnet, ausgezahlt und pauschal versteuert. Der Differenzbetrag zum errechneten Weihnachtsgeld wurde mit der Bezeichnung „Weihnachtsgeld“ nach den persönlichen Besteuerungsmerkmalen der einzelnen Arbeitnehmer versteuert. Arbeitnehmer mit höheren „Fahrtkostenzuschüssen“ erhielten weniger Weihnachtsgeld als Arbeitnehmer mit niedrigeren „Fahrtkostenzuschüssen“. Arbeitnehmern, die keine „Fahrtkostenzuschüsse“ erhalten konnten, wurde Weihnachtsgeld ausgezahlt. Das Finanzamt verneinte hinsichtlich der als „Fahrtkostenzuschüsse“ erbrachten Zahlungen die Voraussetzungen für eine Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG, weil sie nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn, sondern unter Anrechnung auf das freiwillig gezahlte Weihnachtsgeld erbracht worden seien.
Dazu führt der BFH weiter aus: Zuschüsse i.S. des § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG liegen auch dann vor, wenn sie statt anderer, freiwillig geleisteter Bezüge und Vorteile i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erbracht werden. Das Tatbestandsmerkmal „ohnehin geschuldeter Arbeitslohn“ ist dahingehend zu verstehen, dass es sich um Arbeitslohn handeln muss, auf den zumindest im Zeitpunkt der Zahlung ein verbindlicher Rechtsanspruch besteht. § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG schließt eine Entgelt- oder Barlohnumwandlung aus. Dies gilt allerdings nur für solchen Lohn, der ohnehin „geschuldet“ wird. Freiwillige Lohnzahlungen lassen sich dagegen unter den weiteren Voraussetzungen und Grenzen des § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG als nicht „geschuldeter“ Arbeitslohn in pauschbesteuerte Zuschüsse umwandeln. Nach der Begründung des Entwurfs des Gesetzes zur Bekämpfung des Missbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts sollte die Änderung des § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG klarstellen, dass die Möglichkeit der Lohnsteuerpauschalierung nur für zusätzliche Fahrtkostenzuschüsse des Arbeitgebers gelte und die Umwandlung von Arbeitslohn in pauschal besteuerbare Leistungen damit ausgeschlossen werde. Wenn das Gesetz zu diesem Zweck das Tatbestandsmerkmal des „ohnehin geschuldeten“ Arbeitslohns verwendet, greift es auf anerkannte zivil- und arbeitsrechtliche Grundsätze zurück und gibt § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG ein hinreichend sicher feststellbares Abgrenzungsmerkmal. Entscheidend ist deshalb nicht der hypothetische Umstand, ob der Arbeitgeber ansonsten die Leistung erbracht hätte, sondern, ob er sie als „geschuldet“ hätte erbringen müssen.
Quelle: BFH online
Anmerkung der NWB-Redaktion: Nach Auffassung der Finanzverwaltung liegt eine die Pauschbesteuerung von Fahrtkostenzuschüssen eröffnende zusätzliche Leistung zu dem ohnehin geschuldeten Arbeitslohn nicht vor, wenn sie unter Anrechnung auf freiwillige Sonderzahlungen (wie Weihnachtsgeld) erbracht wird (R 3.33 Abs. 5 Satz 6 NWB FAAAC-63931). Dieser dem eindeutigen Wortlaut widersprechende Gesetzesauslegung ist der VI. (Lohnsteuer-) Senat des BFH nicht gefolgt. Ein „geschuldeter“ Arbeitslohn kann eben nur der arbeitsrechtlich geschuldete Lohn sein. Hierzu sind Feststellungen erforderlich, für die auch zu berücksichtigen sein wird, ob -ungeachtet einer freiwilligen Leistung - ein Anspruch auf Sonderzahlungen, wie Weihnachtsgeld aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (z.B. BAG, Urteil v. NWB AAAAC-63723,) herzuleiten ist oder auf Grund betrieblicher Übung besteht (z.B. BAG , Urteil v. NWB MAAAD-29200).
Fundstelle(n):
PAAAF-14107