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Online-Nachricht - Mittwoch, 30.12.2009

Umsatzsteuer | Umsätze aus sog. Mailingaktionen als einheitliche sonstige Leistungen (BFH)

Ein Unternehmer, der im Rahmen sog. "Mailingaktionen" ein Bündel von Leistungen zur Planung, Herstellung, Verteilung und Erfolgskontrolle von Serienbriefen erbringt, führt gegenüber seinen Auftraggebern eine einheitliche sonstige Leistung und keine steuerermäßigte Lieferung von Druckschriften aus (; veröffentlicht am ).


Sachverhalt: Unternehmensgegenstand einer im Inland ansässigen GmbH war der Aufbau und Betrieb von Direktmarketing-Aktivitäten in Italien. Die GmbH erstellte in Abstimmung mit dem jeweiligen Auftraggeber eine Informationsschrift, wobei sie die gesamte Redaktion übernahm. Sie mietete von Listeneignern die Adressen „spendenaffiner“ Personen zum einmaligen Gebrauch an. Sie vergab den Druckauftrag an eine Druckerei. Zur Versendung wurden die Briefe entweder an einen „Lettershop“ nach Italien übersandt, der die Briefe kuvertierte, oder sie wurden bereits in der Druckerei kuvertiert und von dort direkt nach Italien geschafft. Anhand der Kennziffern der in den versandten Briefen enthaltenen Überweisungsträger ermittelte die GmbH, welche der angeschriebenen Personen gespendet hatten. Sie erstellte hierüber für ihre Auftraggeber eine Statistik. Diese nachbereitenden Arbeiten dienten wiederum der Vorbereitung weiterer Mailings (sog. Housemailings) im Rahmen des jeweiligen Mailplans.
Dazu führt der BFH weiter aus: Bei einer Gesamtbetrachtung der von der GmbH entfalteten komplexen Tätigkeit stellt sich die jeweilige Mailingaktion ihrem gesamten Wesen und ihrer Zielsetzung nach als einheitliche sonstige Leistung dar. Bei einer qualitativen Abwägung zwischen den Lieferelementen und den Leistungselementen überwiegen die Dienstleistungselemente. Denn der wirtschaftliche Gehalt des Umsatzes liegt nicht in der Zuwendung eines in den Werbebriefen verkörperten Sachwerts und dem Bedrucken von Papier durch die damit beauftragten Druckereien (Lieferung), sondern darin, durch ein abgestuftes und aufeinander abgestimmtes Vorgehen möglichst gezielt geeignete potentielle Spender der jeweiligen Organisationen anzusprechen und ein möglichst hohes Spendenaufkommen zu erreichen. Unter den Einzelleistungen überwiegen diejenigen mit Dienstleistungscharakter, nämlich die Anmietung der Adressenlisten „spendenaffiner“ Personen, die Erfolgskontrolle anhand der Spendeneingänge zur Optimierung weiterer Aktionen und die der Durchführung zugrunde liegende Gesamtkonzeption; der Lieferung der Informationsschriften allein ist im Vergleich hierzu kein vergleichbares Gewicht beizumessen. Dass die Informationsschriften einen für die Gesamtleistung notwendigen Teil darstellen, ändert insoweit nichts.
Anmerkung: Da die Dienstleistungen gem. § 3a Abs. 1 UStG von dem Ort ausgeführt wurden, von dem aus die Klägerin ihr Unternehmen betrieben hat, lag deren Leistungsort im Inland, mit der Folge, dass sie im Inland steuerbar und steuerpflichtig waren. Ab 2010 kommt es darauf an, ob die im Ausland ansässigen Leistungsempfänger Unternehmer oder ihnen als juristische Person mit USt-IdNr. gleichgestellt sind; insoweit würde gem. § 3a Abs. 2 UStG n.F. das Empfängerortprinzip gelten, vgl. dazu Huschens, NWB GAAAD-02358 und NWB GAAAD-30073; Korn/Strahl, NWB WAAAD-32295.
Quelle: BFH online
Hinweis: Von jeher bereitet es in der Praxis Schwierigkeiten, bei „Leistungsbündeln“ umsatzsteuerrechtlich zwischen einer einheitlichen Leistung und einer Mehrheit selbständiger Leistungen abzugrenzen. Die vorliegende umfangreiche Rechtsprechung hilft im Einzelfall nur bedingt weiter. Die Rechtsprechung befürwortet eine weitgehende Aufteilung, denn der BFH formuliert in der Urteilsbegründung: „Tragen mehrere, untereinander gleich zu wertende Faktoren zur Erreichung eines Zieles bei und gehören sie aus diesem Grunde zusammen, so ist die Annahme einer einheitlichen Leistung nur gerechtfertigt, wenn die einzelnen Faktoren so ineinandergreifen, dass sie bei natürlicher Betrachtung hinter dem Ganzen zurücktreten.“ – Wenn in Grenzfällen die umsatzsteuerrechtlich einheitliche Beurteilung unerwünscht ist, kann diese i.d.R. durch gezielte Gestaltung vermieden werden. So hätte im Streitfall die Klägerin den Druck der Werbebroschüren und Flyer im Namen und für Rechnung der ausländischen Auftraggeber an die Druckerei vergeben können.

 

 

Fundstelle(n):
YAAAF-13923