Online-Nachricht - Donnerstag, 26.11.2009

Fernabsatzrecht | Widerrufsrecht auch bei sittenwidrigem Kaufvertrag (BGH)

Der BGH hat entschieden, dass bei einem Fernabsatzgeschäft ein Widerrufsrecht des Verbrauchers auch dann besteht, wenn es einen Kaufvertrag über ein Radarwarngerät zum Gegenstand hat, der wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist ().

Hintergrund: Seit der am in Kraft getretenen Schuldrechtsmodernisierung ist das deutsche Fernabsatzrecht im BGB geregelt (§§ 312b bis 312d BGB). Das Fernabsatzrecht findet Anwendung auf Verträge, die zwischen Verbrauchern und Unternehmern per Telefon, per Internet oder über andere Fernkommunikationsmittel abgeschlossen werden. Bei Fernabsatzverträgen steht dem Verbraucher grundsätzlich ein Widerrufsrecht zu. Innerhalb einer Frist von zwei Wochen kann der Verbraucher seine Willenserklärung dabei ohne Angabe von Gründen widerrufen und ist dann nicht mehr an den Vertrag gebunden.
Sachverhalt: Nach einem telefonischen Werbegespräch bestellte die Klägerin am darauf folgenden Tag per Fax einen Pkw-Innenspiegel mit einer unter anderem für Deutschland codierten Radarwarnfunktion zum Preis von 1.129,31 € (brutto) zuzüglich Versandkosten. Der von Klägerin ausgefüllte Bestellschein enthält unter anderem den vorformulierten Hinweis: "Ich wurde darüber belehrt, dass die Geräte verboten sind und die Gerichte den Kauf von Radarwarngeräten zudem als sittenwidrig betrachten." Die Lieferung des Gerätes erfolgte per Nachnahme. Die Klägerin sandte 10 Tage später das Gerät an die Beklagte zurück und bat um Erstattung des Kaufpreises. Die Beklagte verweigerte die Annahme des Gerätes und die Rückzahlung des Kaufpreises.
Hierzu führte das Gericht weiter aus: Die Klägerin als Verbraucherin hat aufgrund des ausgeübten Widerrufs Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags. Sie kann die Rückzahlung des Kaufpreises (§ 346 BGB) und Erstattung der Kosten für die Rücksendung des Gerätes verlangen (§ 357 Abs. 2 Satz 2 BGB). Zwar ist der Kaufvertrag über den Erwerb eines Radarwarngeräts sittenwidrig und damit nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn der Kauf nach dem für beide Seiten erkennbaren Vertragszweck auf eine Verwendung des Radarwarngeräts im Geltungsbereich der deutschen Straßenverkehrsordnung gerichtet ist (NWB DAAAC-04024). Das Recht der Klägerin, sich von dem Fernabsatzvertrag zu lösen, wird davon jedoch nicht berührt. Ein Widerrufsrecht nach §§ 312d, 355 BGB beim Fernabsatzvertrag ist unabhängig davon gegeben, ob die Willenserklärung des Verbrauchers oder der Vertrag wirksam ist.
Anmerkung: Der Senat ist der Auffassung entgegengetreten, nach der sich der Verbraucher bei einer Nichtigkeit des Vertrages dann nicht auf sein Widerrufsrecht berufen könne, wenn er den die Vertragsnichtigkeit nach §§ 134, 138 BGB begründenden Umstand jedenfalls teilweise selbst zu vertreten habe. Ein Ausschluss des Widerrufsrechts wegen unzulässiger Rechtsausübung kann nur bei besonderer Schutzbedürftigkeit des Unternehmers in Betracht kommen. Daran fehlt es jedoch, wenn beiden Parteien ein Verstoß gegen die guten Sitten zur Last fällt. Der entschiedene Fall unterscheidet sich damit von demjenigen, der dem o.g. Urteil v. zugrunde lag. Der dortige Käufer, der ein Widerrufsrecht nach § 312d BGB nicht geltend gemacht hatte, konnte die Rückzahlung des Kaufpreises für ein Radarwarngerät nicht verlangen, weil der dort zu beurteilende Anspruch auf Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 BGB) an der Kondiktionssperre des § 817 S. 2 BGB scheiterte. Nach dieser Bestimmung ist die Rückforderung einer zur Erfüllung eines wegen Sittenwidrigkeit nichtigen Vertrages erbrachten Leistung ausgeschlossen, wenn beiden Parteien ein Sittenverstoß zur Last fällt. Für den dem Verbraucher im Falle des Widerrufs eines Fernabsatzgeschäfts zustehenden Kaufpreisrückzahlungsanspruch aus § 346 BGB gilt diese Kondiktionssperre nicht.
Quelle: BGH, Pressemitteilung v.
 

 

Fundstelle(n):
NWB RAAAF-13691