Online-Nachricht - Mittwoch, 07.10.2009

Erbrecht | Sittenwidrige Ausschlagung einer Erbschaft durch Sozialhilfebezieher (OLG)

Hat die Ausschlagung einer werthaltigen Erbschaft zur Folge, dass eine bereits bestehende Sozialhilfebedürftigkeit des vorläufigen Erben fortbesteht, ist dieser Verzicht sittenwidrig (§ 138 BGB). Nur ausnahmsweise können überwiegende Interessen des Erben die Ausschlagung rechtfertigen ( I-15 Wx 85/09).

Hierzu führt das Gericht weiter aus: Erfolgt die Ausschlagung durch den Betreuer (hier den Bruder und Miterben, der dadurch zum Alleinerben geworden wäre - zum Ergänzungsbetreuer für die Regelung des Nachlasses war ein Onkel benannt) des potenziellen Erben, kann ihm die nach § 1822 Nr. 2 BGB notwendige vormundschaftsgerichtliche Genehmigung nicht erteilt werden. Erfolgt die Ausschlagung wie hier nicht eigennützig, sondern dient sie der Benachteiligung des Trägers der Sozialleistungen, ist die allgemeine Handlungsfreiheit durch die § 2, § 90 Abs. 1 SGB XII und das Prinzip der Selbstverantwortung beschränkt.
Anmerkung: Es ist umstritten, ob die Ausschlagung einer werthaltigen Erbschaft gegen die guten Sitten verstößt, wenn diese dazu führt, dass eine sozialrechtliche Hilfebedürftigkeit (ungeschmälert) fortbesteht. Der BGH hat mit NWB RAAAD-25870 entschieden, dass keine insolvenzrechtliche Pflicht eines Schuldners zur Geltendmachung eines erbrechtlichen Pflichtteilsanspruchs besteht, da dieser Anspruch höchstpersönlicher Natur ist. Diesen Gesichtspunkt hält das OLG Hamm für unbeachtlich; es lehnt auch eine Vergleichbarkeit von Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrechtmit dem Sozialrecht ab. Zur Vermeidung des Zugriffs des Sozialleistungsträgers auf den Erbteil ist an die Errichtung eines sog. Behindertentestaments zu denken.
 

 

Fundstelle(n):
NWB SAAAF-13322