Lohnsteuer | Zu Unrecht angemeldete und abgeführte Lohnsteuerbeträge als Arbeitslohn (BFH)
Die vom Arbeitgeber zu Unrecht angemeldeten und an das Finanzamt abgeführten Lohnsteuerbeträge sind als Arbeitslohn beim Arbeitnehmer jedenfalls dann steuerlich zu erfassen, wenn der Lohnsteuerabzug nach § 41c Abs. 3 EStG nicht mehr geändert werden kann (; veröffentlicht am ).
Sachverhalt: Der Kläger erzielte als Geschäftsführer einer GmbH, an deren Stammeinlage er zu 2/5 beteiligt war, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im Streitjahr stundete der Kläger "wegen vorübergehenden Liquiditätsschwierigkeiten" zunächst seine Bezüge für die Monate März bis Dezember. Später wurden die "Nettobezüge" ab März der GmbH bis auf weiteres als Darlehen zur Verfügung gestellt. Gleichwohl führte die GmbH weiter Lohnsteuer und den Solidaritätszuschlag in voller Höhe an das Finanzamt (FA) ab. Im Einkommensteuerbescheid erfasste das FA lediglich die Löhne für Januar und Februar einschließlich der darauf entfallenden Lohnsteuer als Arbeitslohn und setzte die Einkommensteuer auf 0 DM fest. Weiterer Arbeitslohn, insbesondere das gestundete bzw. darlehensweise überlassene Gehalt für die Monate März bis Dezember sei dem Kläger nicht zugeflossen, da Stundung und Darlehen im Interesse der GmbH erfolgt seien. Streitig ist, ob zu Unrecht abgeführte Lohnsteuer als Arbeitslohn zu erfassen ist.
Hierzu führte der BFH weiter aus: Auch eine zu niedrige Steuerfestsetzung kann eine Beschwer auslösen, wenn die Festsetzung sich in bindender Weise auf einem anderen rechtlichen Gebiet ungünstig auswirkt, weil der Regelungsgehalt des Steuerbescheids ausnahmsweise über die bloße Steuerfestsetzung hinausreicht. Nach § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG wird auf die Einkommensteuer die durch Steuerabzug erhobene Einkommensteuer angerechnet, soweit sie auf die bei der Veranlagung erfassten Einkünfte entfällt und nicht die Erstattung beantragt oder durchgeführt worden ist. Die Vorschrift stellt damit eine inhaltliche Verknüpfung zwischen Steuerfestsetzungs- und Steuererhebungsverfahren her, indem die im Wege des Steuerabzugs erhobene Einkommensteuer nur angerechnet wird, "soweit sie auf die bei der Veranlagung erfassten Einkünfte ... entfällt". Die begehrte höhere Anrechnung von Lohnsteuerabzugsbeträgen ist deshalb nur möglich, wenn zunächst die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vollständig in die Veranlagung einbezogen werden. Aus diesem Grunde ist die Anfechtung des Einkommensteuerbescheids mit dem Ziel der Anrechnung höherer Lohnsteuerabzugsbeträge als zulässig anzusehen.
Auch der Teil des Arbeitsentgelts, den der Arbeitgeber im Rahmen des Lohnsteuerabzugs einbehält und für den Arbeitnehmer an die Finanzbehörde abführt, ist Teil des steuerbaren und steuerpflichtigen Arbeitslohns. Durch den Lohnsteuerabzug erlangt der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Erstattung oder Anrechnung der einbehaltenen Lohnsteuer. Zahlt der Arbeitgeber kein Arbeitsentgelt und entrichtet gleichwohl - zu Unrecht - Lohnsteuer, so erlangt der Arbeitnehmer einen Vorteil i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, wenn ihm diese Lohnsteuer tatsächlich erstattet oder angerechnet wird. Trotz fehlender Gehaltszahlung führt dann die entrichtete Lohnsteuer selbst zu Arbeitslohn.
Anmerkung: Dass der Arbeitnehmer zu Unrecht gezahlte Lohnsteuer mit seiner Einkommensteuer verrechnen können muss, entspricht sicherlich allgemeinem Rechtsempfinden. Diesen Anspruch konnte der Arbeitnehmer im Streitfall auch durch Anfechtung seines Einkommensteuerbescheids durchsetzen, obwohl die Klage auf Festsetzung einer höheren Einkommensteuer gerichtet war. Die Zulässigkeit einer solchen Klage ergibt sich laut BFH aus der Folgewirkung einer Verrechnung der Lohnsteuer mit der Einkommensteuer gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG.
Quelle: BFH online
Fundstelle(n):
TAAAF-13258