Online-Nachricht - Mittwoch, 10.12.2014

Umsatzsteuer | Verabreichung von Zytostatika an ambulante Krankenhaus-Patienten (BFH)

Die Verabreichung von Zytostatika im Rahmen einer ambulant in einem Krankenhaus durchgeführten ärztlichen Heilbehandlung, die dort individuell für den einzelnen Patienten in einer Apotheke dieses Krankenhauses hergestellt werden, ist als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz gemäß § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG steuerfrei (entgegen Abschn. 100 Abs. 3 Nr. 4 UStR 2005 und Abschn. 4.14.6 Abs. 3 Nr. 3 UStAE: ; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Streitig ist, ob die Abgabe der in der Krankenhausapotheke der Klägerin hergestellten Zytostatika für ambulante Behandlungen steuerfrei sind (unstreitig war die umsatzsteuerfreie Abgabe der Zytostatika für stationäre Leistungen als Teil der medizinischen Leistung). Das Finanzamt ging aufgrund der Neuregelung in Abschn. 100 Abs. 3 UStR 2005 (jetzt Abschn. 4.14.6 Abs. 3 UStAE) von der Steuerpflicht der entgeltlichen Abgabe von Medikamenten für Tumorpatienten ab 2005 bei ambulanten Behandlungen aus. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz Erfolg. Der BFH hatte das Verfahren ausgesetzt (Beschluss v. - NWB IAAAE-14536) und EuGH angerufen (vgl. hierzu unsere News v. 1.8.2012. Der EuGH entschied, dass die Lieferung von Zytostatika, die von innerhalb eines Krankenhauses selbständig tätigen Ärzten im Rahmen einer ambulanten Krebsbehandlung verschrieben worden sind, nicht nach der Mehrwertsteuerrichtlinie befreit werden kann, es sei denn, dass die Lieferung in tatsächlicher und in wirtschaftlicher Hinsicht von der Hauptleistung der ärztlichen Heilbehandlung untrennbar ist. Diesen Umstand habe das vorlegende Gericht zu prüfen (vgl. hierzu unsere News v. 13.3.2014).
Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • Die Verabreichung von Zytostatika, die im Rahmen einer ambulant in einem Krankenhaus durchgeführten ärztlichen Heilbehandlung individuell für den einzelnen Patienten in einer Krankenhausapotheke hergestellt werden, ist als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz steuerfrei.

  • Entgegen der Verwaltungsauffassung (Abschn. 100 Abs. 3 Nr. 4 UStR 2005 und Abschn. 4.14.6 Abs. 3 Nr. 3 UStAE) ist nicht zwischen stationär und ambulant im Krankenhaus behandelten Patienten zu unterscheiden.

  • Definiert sich der mit der Krankenhaus- oder Heilbehandlung eng verbundene Umsatz entsprechend der EuGH-Rechtsprechung danach, ob er zur Erreichung der damit verfolgten therapeutischen Ziele unentbehrlich ist, gehört hierzu auch die Verabreichung von für den Patienten individuell hergestellten Arzneimitteln zur Durchführung einer ambulanten Heilbehandlung im Krankenhaus.

  • Eine Einschränkung der Steuerfreiheit auf die Arzneimittelabgabe an stationär behandelte Patienten kann entgegen der Auffassung des FA nicht aus der Verweisung in § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG auf § 67 AO abgeleitet werden. Denn hiermit soll lediglich sichergestellt werden, dass nur die Leistungen von Krankenhäusern in privatrechtlicher Trägerschaft steuerfrei sind, die unter sozial vergleichbaren Bedingungen wie öffentlich-rechtlich organisierte Krankenanstalten tätig sind. Die Verweisung dient nicht dazu, die gemeinschaftsrechtlichen Begriffe der Krankenhausbehandlung, ärztlichen Heilbehandlung und der hiermit eng verbundenen Umsätze zu definieren oder einzuschränken.

  • Unbeachtlich ist ebenso, dass vorliegend die Leistungen durch zwei unterschiedliche Unternehmer erbracht werden: zum einen die Heilbehandlung durch den ermächtigten Krankenhausarzt und zum anderen die Abgabe der Arzneimittel durch die Krankenhausapotheke der Klägerin. Denn für den mit einer Krankenhaus- oder Heilbehandlung eng verbundenen Umsatz kommt es nach der EuGH-Rechtsprechung nicht auf die Identität des Leistenden, sondern auf die Identität des Leistungsempfängers (hier des Patienten) an.

Quelle: NWB Datenbank

Fundstelle(n):
NWB LAAAF-12348