Online-Nachricht - Mittwoch, 26.11.2014

Kindergeld | Ermessen bei Entscheidung über die Abzweigung (BFH)

Bei der Entscheidung über die Abzweigung gemäß § 74 Abs. 1 EStG ist im Regelfall die Abzweigung des Unterschiedsbetrags zwischen den regelmäßigen Unterhaltsleistungen und dem Kindergeld ermessensgerecht. Ausnahmsweise kann aber auch eine hiervon abweichende Bestimmung des Abzweigungsbetrags ermessensgerecht sein. Wenn der Kindergeldberechtigte Unterhalt leistet, setzt eine sachgerechte Ermessensentscheidung voraus, dass die vom Kindergeldberechtigten erbrachten Unterhaltsleistungen vollständig erfasst und der Höhe nach beziffert werden (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Gemäß § 74 Abs. 1 Sätze 1 und 4 EStG kann das für ein Kind festgesetzte Kindergeld u.a. an die Stelle ausgezahlt werden, die dem Kind Unterhalt gewährt, wenn der Kindergeldberechtigte dem Kind gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt.
Sachverhalt: Streitig ist, in welcher Höhe eine Abzweigung von Kindergeld ermessensgerecht ist.
Hierzu führten die Richter weiter aus:

  • Die Voraussetzungen für eine Abzweigung liegen im Streitfall dem Grunde nach vor, da die Klägerin ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht (Aufkommen für die Kosten der Unterbringung ihrer zu 100 Prozent geistig behinderten Tochter) größtenteils nicht nachgekommen ist.

  • Insofern hängt die Rechtmäßigkeit des Abzweigungsbescheids davon ab, ob die Entscheidung der Familienkasse über die Abzweigung sachgerechtem Ermessen entspricht.

  • Nach diesen Grundsätzen ist die Revision insoweit begründet, als die Familienkasse die von der Klägerin erbrachten Unterhaltsleistungen weder im Abzweigungsbescheid noch in der Einspruchsentscheidung vollständig ermittelt und der Höhe nach beziffert hat (Ermessensfehlgebrauch).

  • Unbegründet ist die Revision, soweit die Klägerin die Herabsetzung der Abzweigung beantragt: Zwar sind Unterhaltsleistungen, die nicht die Höhe des Kindergeldes erreichen, bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil v. - NWB GAAAB-89781). Dies gilt auch für regelmäßige geringe Unterhaltsleistungen des Kindergeldberechtigten. In solchen Fällen scheint es ermessensgerecht, das Kindergeld abzüglich der Unterhaltsleistungen des Kindergeldberechtigten abzuzweigen, so dass es dem Kindergeldberechtigten in Höhe der von ihm erbrachten Leistungen verbleibt ( NWB SAAAB-43687).

  • In Ausnahmefällen kann aber auch eine hiervon abweichende Bestimmung des Abzweigungsbetrags ermessensgerecht sein. Hierzu wird das FG weitere Feststellungen zu treffen haben.

Anmerkung: Aus dem Urteil folgt, dass der Kindergeldberechtigte, der sich gegen einen Abzweigungsentscheidung wendet, die von ihm tatsächlich erbrachten Unterhaltsleistungen zweifelsfrei nachweisen muss; erst auf dieser Grundlage ist eine sachgerechte Ermessensentscheidung möglich.
Quelle: NWB Datenbank
 

Fundstelle(n):
NWB MAAAF-12271