Online-Nachricht - Mittwoch, 08.07.2009

Unzutreffende Rechnungsangaben | Gewährung von Vorsteuerabzug im Billigkeitsverfahren (BFH)

Das UStG schützt nicht den guten Glauben an die Erfüllung der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug. Eine Berücksichtigung des Vertrauensschutzes im Rahmen der Steuerfestsetzung ist daher nicht möglich. Hierfür kommt lediglich eine Billigkeitsmaßnahme gemäß § 163, § 227 AO in Betracht (; veröffentlicht am ).


Hierzu führte der BFH weiter aus: Macht der Steuerpflichtige im Festsetzungsverfahren geltend, ihm sei der Vorsteuerabzug trotz Nichtvorliegens der materiell-rechtlichen Voraussetzungen zu gewähren, ist die Entscheidung über die Billigkeitsmaßnahme nach § 163 Satz 3 AO regelmäßig mit der Steuerfestsetzung zu verbinden.

Hintergrund: Der Kläger hatte gebrauchte PKW von einem Automobilhändler bezogen, der über diese Lieferungen unter einer Geschäftsadresse abrechnete, die im Streitjahr nicht mehr bestand. Das beklagte Finanzamt (FA) hatte deshalb den Vorsteuerabzug aus dem Erwerb der Fahrzeuge nicht gewährt. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt, weil im Streitfall dem Kläger trotz Unrichtigkeit der Rechnungsangabe der Vorsteuerabzug nach Vertrauensschutzgrundsätzen zu gewähren sei. Der BFH hat auf die Revision des FA die Vorentscheidung des FG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Ob der Kläger die Unrichtigkeit der Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes nicht hätte erkennen können und ihm deshalb der Vorsteueranspruch im Billigkeitsverfahren zu gewähren wäre, konnte der BFH im vorliegenden Verfahren, das allein die Rechtmäßigkeit des Steuerbescheides betraf, nicht entscheiden.

Anmerkung der NWB-Redaktion: Deutscher Rechtstradition entspricht es, zwischen der allein an den tatbestandlichen Voraussetzungen der Steuerrechtsnorm zu orientierenden Steuerfestsetzung und sogenannten Billigkeitsmaßnahmen (§ 163 AO) zu unterscheiden, die das Ergebnis der Steuerfestsetzung wegen atypischer Besonderheiten des Einzelfalls korrigieren sollen. Diese scharfe Unterscheidung wird freilich dadurch relativiert, dass die Behörde Einwände des Steuerpflichtigen gegen die Steuerfestsetzung von Amts wegen unter dem Gesichtspunkt prüfen muss, ob sie nicht wenigstens eine Billigkeits-Korrektur der Steuerfestsetzung rechtfertigen. In dem Einspruch gegen einen Steuerbescheid kann also - sogar unausgesprochen - ein Billigkeitsantrag, in der Einspruchsentscheidung eine Ablehnung einer Billigkeitsmaßnahme liegen. Die Überprüfung der Steuerfestsetzung auf ihre Tatbestandsmäßigkeit und ihre Billigkeit miteinander zu verbinden, erklärt die Besprechungsentscheidung sogar für regelmäßig geboten. Allerdings wird man schwerlich annehmen können, dass ein Verstoß gegen dieses Gebot die Steuerfestsetzung rechtswidrig macht, so dass jenes Gebot lediglich ein guter Ratschlag für das FA ist.


Mit Recht hebt die Entscheidung hervor, dass vorgenannte Unterscheidung zwischen Steuerfestsetzung und Billigkeits-Korrektur auch dann Platz greift, wenn das einschlägige materielle Recht auf europäischem Richtlinienrecht beruht. Denn das Gemeinschaftsrecht überlässt auch in solchen Zusammenhängen in der Regel die Regelung der Verfahrensmodalitäten der Rechtsordnung des jeweiligen Mitgliedstaats. Dass der gute Glaube eines Unternehmers in seine Berechtigung zum Vorsteuerabzug unter Umständen kraft Gemeinschaftsrechts schutzwürdig ist, besagt folglich nichts darüber, ob diesem Schutzbedürfnis im Rahmen der Auslegung und Anwendung des § 15 UStG Rechnung zu tragen ist oder im Rahmen einer Billigkeitsmaßnahme.

Quelle: BFH online

 

Fundstelle(n):
NWB XAAAF-12143