Verwaltungsrecht | Grundsteuern für ein Betriebsgrundstück in der Zwangsverwaltung (BVerwG)
Für die Abgrenzung der laufenden Beträge der öffentlichen Lasten (hier der Grundsteuer) von den Rückständen kommt es auf die Umstände im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlagnahme des Grundstücks an. Eine öffentliche Last, die in diesem Zeitpunkt im Rückstand ist, bleibt dies auch dann, wenn sie nach den abgaberechtlichen Vorschriften gegenüber einem neuen Eigentümer des Grundstücks später wiederum fällig gestellt wird ( 9 C 7.12).
Hintergrund: Nach § 156 Abs. 1 Satz 1 ZVG sind die laufenden Beträge der öffentlichen Lasten von dem Verwalter „ohne weiteres Verfahren“ zu berichtigen, d.h. ohne Aufstellung eines Teilungsplans (vgl. § 156 Abs. 2 Satz 2 ZVG) und ohne Zahlungsanordnung durch das Vollstreckungsgericht (vgl. § 157 Abs. 1 ZVG). Zu den öffentlichen Lasten in Form einer wiederkehrenden Leistung zählt insbesondere die Grundsteuer (§ 12 GrStG, § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZVG).
Sachverhalt: Zwischen den Beteiligten bestand Streit über die Verpflichtung des Klägers, in seiner Eigenschaft als Zwangsverwalter Grundsteuern für das Jahr 2008 für ein Betriebsgrundstück zu zahlen. Das Grundstück gehörte zunächst der B. GbR. Seit dem steht es im Eigentum der E. KG. Der Zwangsverwalter nahm das Betriebsgrundstück am in Besitz. Durch Beschluss v. wurde festgestellt, dass das Zwangsverwaltungsverfahren sich gegen die neue Eigentümerin bei Fortbestehen der Beschlagnahme ohne Unterbrechung fortsetze. Die Grundsteuer war zuletzt 2007 gegenüber der B. GbR festgesetzt worden, wobei ausdrücklich auch für die Folgejahre - fortlaufende Quartalszahlungen fällig gestellt wurden. Der Bescheid sollte ausdrücklich solange wirksam bleiben, „bis er durch einen neuen Bescheid ersetzt wird“. Mit an die E. KG gerichteten Bescheiden v. nahm das Finanzamt eine Zurechnungsfortschreibung auf die E. KG vor. Daraufhin setzte die beklagte Gemeinde gegenüber dem Zwangsverwalter für die steuerpflichtige E. KG die Grundsteuer für die Jahre 2008 und 2009 fest. Der Kläger hat gegen diesen Bescheid Klage erhoben, soweit darin die Grundsteuer für das Jahr 2008 festgesetzt wird.
Hierzu führte das BVerwG weiter aus:
Die Zuordnung öffentlicher Lasten als „laufende Beträge“ i.S.d. § 156 Abs. 1 ZVG bestimmt sich nach § 13 Abs. 1 ZVG. Danach sind laufende Beträge wiederkehrender Leistungen der letzte vor der Beschlagnahme fällig gewordene Betrag sowie die später fällig werdenden Beträge, während ältere Beträge Rückstände sind. Hiervon ausgehend war die streitige Grundsteuer für das Jahr 2008 zum Zeitpunkt der Beschlagnahme, kein laufender Betrag, sondern Rückstand.
Mit Bescheid 2007 wurde die Grundsteuer gegenüber der B. GbR festgesetzt und gemäß den in § 28 Abs. 1 GrStG genannten Quartalsterminen fällig gestellt. Den letzten vor der Beschlagnahme fällig gewordenen und daher i.S.d. § 13 Abs. 1 Satz 1 ZVG „laufenden“ Betrag der Grundsteuer stellt die am fällig gewordene erste Quartalsrate für das Jahr 2009 dar.
Die davor fällig gewordenen Quartalsraten für das Jahr 2008 waren daher zum Zeitpunkt der Beschlagnahme gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 ZVG bereits „Rückstände“ geworden mit der Folge, dass keine Pflicht des Klägers zur Vorabberichtigung dieser Beträge nach § 156 Abs. 1 ZVG bestand.
Soweit die beklagte Gemeinde dem entgegenhält, die Fälligkeit könne nicht vor Bekanntgabe des Steuerbescheides gegenüber dem jeweiligen Steuerschuldner eintreten (s. § 220 Abs. 2 AO), übersieht sie, dass sich die hier allein maßgebliche Abgrenzung der laufenden Beträge von Rückständen nicht hieraus, sondern abschließend aus § 156 Abs. 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 ZVG ergibt.
Anmerkung: Das Gesetz sieht vor, dass „aus den Nutzungen des Grundstücks“ vorweg die Ausgaben der Verwaltung und die Kosten des Verfahrens (vgl. § 155 Abs. 1 ZVG) zu bestreiten sind. Lediglich die danach verbleibenden Überschüsse werden auf die in § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 ZVG bezeichneten Ansprüche verteilt (§ 155 Abs. 2 ZVG). Dementsprechend werden nach § 156 Abs. 1 Satz 1 ZVG nur die laufenden Beträge der öffentlichen Lasten vorab beglichen; Rückstände öffentlicher Lasten sind von dieser Vorrangregelung ausdrücklich ausgenommen. Ansprüche auf andere als laufende Beträge dürfen daher erst befriedigt werden, wenn die laufenden Beträge selbst durch die vorhandenen Einnahmen gedeckt sind (Haarmeyer u.a., Zwangsverwaltung, 5. Aufl. 2011, 156 Rn. 2).
Quelle: BVerwG online
Hinweis: Den vollständigen Text der o.g. Entscheidung finden Sie auf den Internetseiten des BVerwG.
Fundstelle(n):
ZAAAF-12044