Kindergeld | Anspruch des Sozialhilfeträgers bei nachträglicher Kindergeldfestsetzung (BFH)
Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (§ 2 AsylbLG i.V.m. § 28 SGB XII) sind bedarfsabhängige Leistungen für den notwendigen Lebensunterhalt von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern sowie ihnen gleichgestellten ausländischen Staatsangehörigen und damit dem Kindergeld gleichartige und nachrangige Leistungen. Hat ein Sozialhilfeträger Leistungen nach dem AsylbLG für Eltern und Kinder erbracht, die in einem Haushalt zusammenleben und eine Bedarfsgemeinschaft bilden, so steht ihm ein Anspruch auf Erstattung des nachträglich festgesetzten Kindergeldes zu (; veröffentlicht am ).
Sachverhalt: Streitig ist, ob und in welchem Umfang nachträglich festgesetztes Kindergeld Erstattungsansprüche des Sozialleistungsträgers nach § 74 Abs. 2 EStG auslösen kann: Die Klägerin hatte für sich und ihre Familie im Dezember 2004 Sozialleistungen in Form von Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG), von Januar 2005 bis Februar 2008 Leistungen nach dem AsylbLG und vom Jobcenter von März 2008 bis April 2008 für sich und ihr Kind C Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, jeweils ohne Anrechnung von Kindergeld, erhalten. Jobcenter und Stadt machten gegenüber der Beklagten Familienkasse Erstattungsansprüche gemäß §§ 102 ff. SGB X i.V.m. § 74 Abs. 2 EStG im Hinblick auf das von der Klägerin am für zurückliegende Zeiträume für die Kinder A, B und C beantragte Kindergeld geltend.
Gegenüber der Klägerin setzte die Familienkasse mit Bescheid v. Kindergeld ab Dezember 2004 fest, sah den Anspruch jedoch aufgrund der von Jobcenter und Stadt geltend gemachten Erstattungsansprüche größtenteils gemäß § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 107 SGB X als erfüllt an. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:
Das FG hat zutreffend entschieden, dass den Beigeladenen (Jobcenter und Stadt) materiell-rechtlich die geltend gemachten Erstattungsansprüche zustehen und die Ansprüche der Klägerin auf Kindergeld deshalb als erfüllt gelten.
Denn es handelt sich bei Kindergeld, der HLU, den Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II jeweils um gleichartige Leistungen.
Die HLU nach dem BSG, die Leistungen nach dem AsylbLG (§ 2 AsylbLG i.V.m. § 28 SGB XII) und die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld) sind gegenüber dem Anspruch auf Kindergeld gemäß §§ 62 ff. EStG nachrangige Leistungen, da der Sozialleistungsträger - hier die Stadt und das Jobcenter - bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung der Familienkasse selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre (§ 104 Abs. 1 Satz 2 SGB X).
HLU und Grundsicherungsleistungen werden bedarfsorientiert gewährt. Der Sozialleistungsträger wäre bei rechtzeitiger Zahlung des Kindergeldes insoweit nicht selbst zur Leistung verpflichtet (§ 2 BSHG, § 11 Abs. 1 SGB II), da das Kindergeld bei der Ermittlung der HLU nach § 76 BSHG und bei der Grundsicherung nach § 19 Satz 3 und § 28 Abs. 2 SGB II als Einkommen anzurechnen ist ( NWB MAAAE-19328).
Der Nachrang der Sozialhilfe gilt für das Asylbewerberleistungsgesetz entsprechend.
Quelle: NWB Datenbank
Fundstelle(n):
SAAAF-11929