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Online-Nachricht - Dienstag, 08.07.2014

Insolvenzrecht | Absonderungsrecht beim Factoring (BGH)

Der vom Lieferanten abgeleitete Eigentumsvorbehalt des Factors im Rahmen eines echten Factoringvertrags berechtigt in der Insolvenz des Forderungsschuldners zur Aussonderung des Vorbehaltseigentums ().

Hintergrund: Beim einfachen Eigentumsvorbehalt (§ 449 Abs. 1 BGB) hat der Verkäufer in der Insolvenz des Käufers ein Aussonderungsrecht (§ 47 InsO), d.h. der Gegenstand gehört nicht zur Insolvenzmasse. Beim verlängerten Eigentumsvorbehalt dagegen hat der Verkäufer den Verkäufer zur Weiterveräußerung der Sache unter Sicherungsabtretung des Kaufpreisanspruchs ermächtigt; in diesem Fall hat der Gläubiger nur ein Absonderungsrecht an der Kaufpreisforderung (§ 51 Nr. 1 InsO).
Sachverhalt: Die M-GmbH lieferte PKWs an Vertragshändler unter Eigentumsvorbehalt und verkaufte ihre Forderungen im Wege des echten Factorings an die Klägerin.  Durch Abtretung der Herausgabeansprüche gegen die Händler übertrug sie außerdem jegliches gegenwärtige und künftige Eigentum an den Fahrzeugen an diese. Im Jahr 2009 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Vertragshändlerin A (Schuldnerin) eröffnet und die Beklagte zur Verwalterin bestellt. Nachdem die Klägerin dieser gegenüber vom Kaufvertrag zurückgetreten und Herausgabe von zehn Neu- und Vorführwagen verlangt hatte, kamen die Parteien überein, dass die Klägerin die Fahrzeuge veräußern und der Beklagten vom Erlös Feststellungs- und Verwertungskosten zahlen solle. Die darauf von der Klägerin zunächst unter Vorbehalt gezahlten rund 33.000 € verlangte sie mit ihrer Klage erfolgreich zurück.
Hierzu führte das Gericht u.a. aus:

  • Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Bereicherungsanspruch zu, weil ihre Leistung ohne Rechtsgrund erfolgte (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB).

  • Die Lieferantin hat ihr Vorbehaltseigentum auf die Klägerin übertragen.

  • Dieser von der Lieferantin abgeleitete Eigentumsvorbehalt begründet nicht nur ein Absonderungs-, sondern ein Aussonderungsrecht.

  • Vorbehaltseigentum berechtigt nach seiner Überleitung auf einen Geldkreditgeber nur dann nicht mehr zur Aussonderung, wenn die Sicherheit hierdurch einen Bedeutungswandel erfahren und seiner Funktion nach nunmehr Sicherungseigentum gleichgestellt ist ().

  • Im vorliegenden Fall hat der Eigentumsvorbehalt nach seiner Überleitung auf die Klägerin jedoch keinen vergleichbaren Bedeutungswandel erfahren, weil das Vorbehaltseigentum weiterhin einen Warenkredit sicherte. Denn bei dem hier abgeschlossenen echten Factoringvertrag handelte es sich nicht um einen Darlehensvertrag, sondern um einen Kaufvertrag über Rechte (§ 453 BGB).

Hinweis: Eine Aufnahme des Urteil-Volltextes in die NWB-Datenbank erfolgt in Kürze.
Autor: Ingo Ehlers, Rechtsanwalt, Freiburg
 

Fundstelle(n):
IAAAF-11620