Online-Nachricht - Mittwoch, 23.04.2014

Grunderwerbsteuer | Erbengemeinschaft als selbständiger Rechtsträger (BFH)

Eine Erbengemeinschaft kann selbständiger Rechtsträger im Sinne des Grunderwerbsteuerrechtes sein (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Im Streitfall ging es nicht um den Erwerb eines Grundstücks, sondern um die Erfüllung eines der im Grunderwerbsteuerrecht gesondert geregelten Ersatztatbestände. § 1 Abs.3 GrEStG erfasst Rechtsvorgänge auf gesellschaftsrechtlicher Ebene, die ihrer wirtschaftlichen Bedeutung nach dem Erwerb eines Grundstücks gleichstehen. Mit dem Erwerb von mindestens 95% der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft wird deren Inhaber so behandelt, als habe er die zum Vermögen der Gesellschaft gehörenden Grundstücke von der Gesellschaft selbst erworben.
Sachverhalt: Im Streitfall hatte eine Erbengemeinschaft im Zuge verschiedener gesellschaftsrechtlicher Vorgänge alle Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft erworben und damit den Tatbestand von § 1 Abs. 3 GrEStG verwirklicht.
Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • Vereinigen sich mindestens 95% der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft in der Hand einer Erbengemeinschaft, wird diese nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG grunderwerbsteuerrechtlich so behandelt, als habe sie das Grundstück von der Gesellschaft erworben.

  • Reicht der vom Grunderwerbsteuerbescheid erfasste Lebenssachverhalt nicht aus, um den Tatbestand, an den das GrEStG die Steuerpflicht knüpft, zu erfüllen, ist der Bescheid rechtswidrig. Der im Bescheid bezeichnete - nicht steuerbare - Lebenssachverhalt kann nicht durch einen anderen - steuerbaren - ersetzt werden.

  • Sind die Anteile an einer Gesellschaft bereits aufgrund eines vorausgegangenen Rechtsgeschäfts in einer Hand vereinigt, weil das nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erforderliche Quantum von 95% der Anteile erfüllt ist, unterliegt der Erwerb der restlichen Anteile nicht zusätzlich der Besteuerung.

Anmerkung: Eine Erbengemeinschaft kann den Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG beispielsweise dadurch erfüllen, dass die Beteiligung der Erbengemeinschaft an einer grundbesitzenden Gesellschaft durch Hinzuerwerb weiterer Anteile oder durch eine Kapitalerhöhung auf 95% oder mehr der Anteile dieser Gesellschaft erhöht wird. Auf die einzelnen Erbanteile der Miterben ist dagegen nicht abzustellen, weil die Erbengemeinschaft als einheitlicher Rechtsträger anzusehen ist. Da der gegen die Erbengemeinschaft ergangene Steuerbescheid die tatbestandserfüllenden Umstände nicht genau erfasst hatte, führte die Revision allerdings zur Aufhebung der Vorentscheidung und der angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheide.
Quellen: NWB Datenbank und BFH, Pressemitteilung Nr. 32/2014
 

Fundstelle(n):
NWB TAAAF-11275