Online-Nachricht - Dienstag, 05.11.2013

Insolvenzrecht | Umsatzsteuer-Vorauszahlungen als Masseverbindlichkeit (FG)

Eine "Zustimmung" i.S. des § 55 Abs. 4 InsO liegt auch dann vor, wenn sich der schwache vorläufige Insolvenzverwalter aktiv oder konkludent mit der Fortführung der Umsatztätigkeit im Insolvenzeröffnungsverfahren einverstanden erklärt (; Revision zugelassen).

Hintergrund: Bedingt durch die Erfordernisse des Insolvenzrechts kam nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens das umsatzsteuerrechtliche Unternehmen aus mehreren Unternehmensteilen bestehen. Zu unterscheiden sind der vorinsolvenzrechtliche Unternehmensteil, gegen den Insolvenzforderungen zur Tabelle anzumelden sind (§§ 174 ff. InsO), der die Insolvenzmasse betreffende Unternehmensteil, gegen den Masseverbindlichkeiten geltend zu machen sind, sowie ggf. das vom Insolvenzverwalter freigegebene Vermögen, bei dem Steueransprüche gegen den Insolvenzschuldner persönlich ohne insolvenzrechtliche Einschränkungen geltend gemacht werden können (siehe hierzu NWB KAAAA-88776 und v. - NWB VAAAD-97977).
Sachverhalt: Der klagende Insolvenzverwalter wandte sich gegen Umsatzsteuer-Vorauszahlungen, die das Finanzamt ihm gegenüber festgesetzt hatte. Er war im Oktober 2011 zum sog. "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalter einer Kommanditgesellschaft bestellt worden und führte deren Geschäftsbetrieb zunächst fort. Im Dezember 2011 gab die Gesellschaft Umsatzsteuer-Voranmeldungen für Oktober und November 2011 ab, leistete jedoch keine Zahlungen auf die Umsatzsteuerschuld. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Bestellung des Klägers zum Insolvenzverwalter im Januar 2012 setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen abweichend von den Voranmeldungen gegenüber dem Insolvenzverwalter fest. Diese Vorgehensweise hat das Finanzgericht Düsseldorf mit der o.g. Entscheidung gebilligt.
Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:

  • Nach § 55 Abs. 4 InsO gelten u.a. Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners aus dem Steuerschuldverhältnis, die vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters begründet worden sind, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit.

  • Die streitigen Umsatzsteuer-Vorauszahlungen sind mit Zustimmung des "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalters begründet worden. Insofern reicht es aus, wenn sich der Insolvenzverwalter mit der Fortführung der Umsatztätigkeit im Insolvenzeröffnungsverfahren aktiv oder konkludent einverstanden erklärt.

  • Zudem ist das Finanzamt berechtigt gewesen, die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen durch entsprechende Bescheide gegenüber dem Insolvenzverwalter festzusetzen. Ein schlichtes Leistungsgebot hat nicht ausgereicht, da die nunmehr festgesetzte Steuer von der angemeldeten abgewichen ist.

Anmerkung: Das Finanzgericht folgt damit der Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. NWB XAAAD-99955, Tz. 3), wonach die Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters aktiv oder durch konkludentes Handeln erfolgen (z.B. Tun, Dulden, Unterlassen) kann. Soweit der schwache vorläufige Insolvenzverwalter nicht ausdrücklich (einzelnen) Umsätzen widerspricht, würden grds. sämtliche Umsatzsteuerverbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, die nach seiner Bestellung begründet werden, von § 55 Abs. 4 InsO erfasst (vgl. a.a.O. Tz. 11).
Quelle: FG Düsseldorf online
Hinweis: Das Finanzgericht Düsseldorf hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Ein Aktenzeichen des BFH wurde noch nicht veröffentlicht. Den Text der o.g. Entscheidung finden Sie auf den Internetseiten des Finanzgerichts. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.


 

Fundstelle(n):
NWB TAAAF-10520