Online-Nachricht - Freitag, 04.10.2013

Umsatzsteuer | Keine Steuerbefreiung der aktiven Arbeitsförderung (FG)

Der 4. Senat des Finanzgerichts Schleswig-Holstein hat entschieden, dass Leistungen eines Arbeitsvermittlers, die dieser gegenüber einem Arbeitslosen auf der Grundlage eines unmittelbar mit dem Arbeitslosen geschlossenen Vertrages erbringt, nicht umsatzsteuerfrei sind (; Revision anhängig).

Der 4. Senat des Finanzgerichts Schleswig-Holstein hat entschieden, dass Leistungen eines Arbeitsvermittlers, die dieser gegenüber einem Arbeitslosen auf der Grundlage eines unmittelbar mit dem Arbeitslosen geschlossenen Vertrages erbringt, nicht umsatzsteuerfrei sind (NWB WAAAE-42310; Revision anhängig).

Hintergrund: Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen von der Steuer, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden.
Sachverhalt: Die Klägerin betätigte sich als Arbeitsvermittlerin, d.h. sie beschäftigte sich damit, Arbeitslose durch Vermittlung eines geeigneten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dazu schloss sie mit den Arbeitslosen jeweils einen sog. Vermittlungsvertrag, mit dem sie sich dazu verpflichtete, ein Fähigkeitsprofil der Bewerber zu erstellen und ein individuelles Bewerbungstraining durchzuführen, sie insbesondere auf Vorstellungsgespräche vorzubereiten. Die Arbeitslosen verpflichteten sich im Gegenzug, an die Klägerin eine Vermittlungsprovision zu zahlen. Der Provisionsanspruch wurde gestundet bis zur Bestätigung einer erfolgreichen Vermittlung durch den Bewerber. Es wurde jeweils vereinbart, dass die Provision von dem Arbeitslosen selbst zu erbringen war, wenn er der Klägerin nicht auch den sog. Vermittlungsgutschein vorlegte, der es der Klägerin ermöglichte, bei der Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur) gem. § 421 g Abs. 2 Satz 4 SGB III die direkte Zahlung des Vermittlungsentgelts an sich zu beantragen. Letzteres geschah regelmäßig, die Klägerin behandelte die Zahlungen der Bundesagentur als umsatzsteuerfrei.
Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:

  • Eine Umsatzsteuerfreiheit ergibt sich weder aus dem Umsatzsteuergesetz noch aus dem Unionsrecht. Insbesondere die Voraussetzungen des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe g der 6. RLEWG (jetzt Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der MwStSystRL) sind nicht gegeben.

  • Zwar sind die von der Klägerin erbrachten Leistungen zur Vermittlung von Arbeitslosen eng mit der Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit verbunden, die Klägerin ist aber nicht als Einrichtung mit sozialem Charakter anzuerkennen.

  • Das kommt nur für solche Einrichtungen in Betracht, die über eine unmittelbare vertragliche Beziehung zu dem jeweiligen Mitgliedstaat oder den jeweiligen Trägern der sozialen Sicherheit verfügen, die Inhalt, Umfang und die Verantwortlichkeit der Einrichtung für eine vertragsgemäße Leistungserbringung konkretisiert.

  • Die Klägerin verfügte im Streitfall über keine vertraglichen Beziehungen zur Bundesagentur, vielmehr bestand eine solche nur zwischen der Klägerin und den Arbeitslosen. Etwas anderes ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass der Zahlungsfluss der Leistungsentgelte direkt von der Bundesagentur an die Klägerin erfolgt. Denn die Übernahme der Entgelte durch die Bundesagentur beruht allein auf § 421g SGB III und betrifft daher das zwischen der Arbeitsverwaltung und den Arbeitslosen bestehende Rechtsverhältnis.

Anmerkung: Weder daraus, dass eine Einrichtung ihre Tätigkeit mit dem Sozialversicherungsträger abgestimmt hat, noch daraus, dass eine Kostenerstattung durch denselben erfolgt, könne – so das Finanzgerichts - eine Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter hergeleitet werden. Das Finanzgericht hat im Streitfall jedoch die Revision zur Fortbildung des Rechts zugelassen, da der Frage der Umsatzsteuerbefreiung der aktiven Arbeitsförderung Arbeitsloser aufgrund des Unionsrechts, die bislang – soweit ersichtlich – noch nicht höchstrichterlich entschieden worden ist, über den entschiedenen Fall hinausgehende Bedeutung beigemessen werde. Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Aktenzeichen XI R 35/13 anhängig.
Quellen: NWB Datenbank und FG Schleswig-Holstein, Newsletter III/2013
 

 

Fundstelle(n):
NWB NAAAF-10360